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City-Tour St. Pauli

Große Freiheit

Sex-Legenden Nach der Reeperbahn kommt als Amüsiermeile gleich die Große Freiheit. Auch sie verdankt ihren Ruhm dem Blonden Hans. Denn der hatte ihr in dem Erfolgsfilm Große Freiheit Nr. 7 ein Denkmal gesetzt. Und das hatte sich den Deutschen um so tiefer ins Herz gebrannt, als es der letzte Film war, der im Krieg fertig wurde und der erste, der im Frieden in die Kinos kam. Kein Zufall also, dass hier die Publikumsbetriebe aus dem Boden schossen. 1962 eröffnete in der Nr. 39 ein neuer Club mit einer Band, die sich The Beatles nannte. Aus den Jungs sollten Weltstars werden und aus dem Club der legendäre Star-Club. Wirklich berühmt wurde die Straße aber erst durch ihre Live-Sex-Theater in den 70er Jahren. Derart zur Sache geht es heute nur noch im Safari. Seit jede Videothek um die Ecke oder auch das Internet schärfere Kost bieten, interessiert das kaum noch jemanden. Die anderen Läden haben sich deshalb wieder auf brave Strip- und Go-Go-Nummern für Junggesellen-Abschiede und Firmenfeiern zurück gezogen. Die Tradition des Starclubs lebt indes weiter: im Club Große Freiheit Nr. 36, im Kaiserkeller darunter, in der Betty Ford Klinik oder in Hamburgs ältester Disco Grünspan.
Große Freiheit Nr. 7

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Theater im Hafen

The Circle of Life Das mit vielen Preisen geehrte Broadway-Musical Der König der Löwen scheint auf dem besten Weg zu sein, den beispiellosen Welterfolg des gleichnamigen Disneyfilms zu wiederholen. Fast drei Millionen Menschen haben die Bühnenfassung seit 2001 in Hamburg gesehen. Dafür zog Regisseurin Julie Taymor alle Register des Welttheaters und vermischte alte Techniken des Masken-, Schatten- und Puppenspiels aus verschiedenen Kulturkreisen mit modernen westlichen Formen des Gesangs, des Tanzes und der Comedy zu einem phantastischen Illusionstheater. Überlebensgroße Puppets, tolle Kostüme, afrikanische Bühnenbilder, die Rhythmen und Geräusche der Serengeti sowie eine raffinierte Bühnentechnik lassen eine Welt entstehen, in der sich The Circle of Life für die Zuschauer erst genauso allmählich erschließt, wie für Simba, den Löwenjungen. So erleben sie mit ihm, wie schwer und wundervoll zugleich es ist, erwachsen zu werden. Dazu trugen Elton John und Tim Rice die über den Film hinaus gehenden Lieder bei. Nur selten spricht das Theater Jung und Alt, Intellekt und Gefühl so gleichermaßen an, denn nur selten findet es für eine einfache Geschichte so kreative und lebensfrohe Bilder.
Das Theater im Hafen

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Hafen Hamburg

China kommt Den Hafen sollte man in jedem Fall besichtigen, wenn man einmal hier ist. Die bequemste Variante dafür sind die Rundfahrten mit dem Schiff und einem He lücht ab Landungsbrücken. He lücht (er lügt) nennen die Hamburger die Hafenführer wegen ihres vielen Seemannsgarns. Wer dem nicht traut, kann das Areal auch gut und billig allein erkunden: mit regulären Linienbussen und -schiffen, mit dem Auto oder per Fahrrad. Der größte Seehafen Deutschlands ist zugleich der zweitgrößte Europas und als Umschlagplatz für Rohkaffee sogar Weltspitze. Dabei liegt er nicht einmal am Meer, sondern 104 km tief im Binnenland. Knapp die Hälfte seiner 7,4 Millionen m2 Lagerfläche sind überdacht. 60 Hafenbecken mit 46 km Kaimauern bieten 320 Liegeplätze für Seeschiffe. Rund 12.000 sind es, die im Jahr daran fest machen. Viele von ihnen werden an vier großen Terminals mit den größten und schnellsten Containerbrücken der Welt fast vollautomatisch be- und entladen, so dass hier jährlich 7 Millionen vollgestopfte Blechkisten vom Schiff auf den Lkw und die Bahn oder umgekehrt wechseln. Die Hälfte des Umschlags entfällt dabei auf Asien, davon mit Abstand das meiste und zunehmend mehr auf China.
Der Hafen Hamburg

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Blohm & Voss

Schwimmende Legenden Die weltberühmten Schwimmdocks 10 und 11 von Blohm & Voss gegenüber von St. Pauli gehören, wie das Klingeln ihrer Kräne und das Hämmern auf Stahl, zur Stadtkulisse. Mit bis zu 16.000 Arbeitern war die 1877 gegründete Werft lange Zeit Hamburgs größter Arbeitgeber, der Leuchtturm seiner Wirtschaft und ein Symbol deutscher Industrie- und Schifffahrtsgeschichte. Auf der mit drei Kilometern Wasserfront einst größten Werft der Welt wurden Ballins dicker Dampfer Vaterland und die Bismarck als damals mächtigstes Schlachtschiff der Erde gebaut. Von Blohm & Voss kamen Legenden wie die Wilhelm Gustloff und Rahsegler wie die Pamir, das Segelschulschiff Gorch Fock und die modernen Hightech- Kampfschiffe der MeKo-Serie. Heute arbeiten hier gerade noch 900 Menschen, denn die Asia- Konkurrenz beherrscht den Weltmarkt. Ende 2005 wurde das letzte Schiff vom Stapel gelassen. Künftige Neubauten werden nicht mehr im Freien, sondern in überdachten Docks gefertigt, aus denen sie dann heraus schwimmen. Aber auch dann wird die Lokalpresse weiter jeden Großauftrag feiern, ob für eine Serie von U-Booten oder auch nur die Reparatur der Luxusyacht eines arabischen Prinzen.
Blohm & Voss

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Alter Elbtunnel

Peitschenhoch Kaiser Wilhelms Flottenwahn führte um 1900 dazu, dass täglich 40.000 Menschen zu den Werften am anderen Elbufer übersetzten. Das störte nicht nur den Schiffsverkehr, das Vaterland war auch in Gefahr, wenn die Elbe im Winter unpassierbar wurde. Eine Brücke, hoch genug für die Segler, war zu teuer, also entschied man sich 1907 für einen Tunnel. Um die Baustelle vor Wassereinbruch zu schützen, arbeitete man mit 2,6 atü Überdruck, was drei Tote kostete, bis man die Taucherkrankheit verstanden hatte. Aber 2,6 atü hatten auch Vorteile: Abraum wurde einfach vor ein Rohr geschaufelt, ein Ventil geöffnet und schon schoss er ins Freie. Als die Blase mal platzte, stand eine haushohe Fontäne über der Elbe. 1911 war der Tunnel fertig, mit 6 m gerade hoch genug für ein Pferdefuhrwerk mit aufgestellter Peitsche. Seine 426 m lange Fahrbahn liegt 23,5 m unter der Straße. Hinunter geht es zu Fuß oder mit dem Auto in einem von vier Fahrkörben, deren Maschinerie sich in dem markanten Kuppelbau an den Landungsbrücken versteckt. Bis in die 40er Jahre nutzten jährlich 20 Millionen Menschen den Tunnel. Heute sind es nur noch 750.000, darunter viele, die nur mal Panorama gucken wollen.
Der Alte Elbtunnel

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Landungsbrücken

Museumsschiffe Die 700 Meter langen Landungsbrücken sind Hamburgs Wasserbahnhof. Hier starten die Hafenrundfahrten, die Fähren und die Dampfer nach Finkenwerder, Övelgönne und Blankenese. Aber auch Kreuzfahrtschiffe legen hier manchmal an. Dazu bieten bunte Souvenirshops Waterkant-Erinnerungen und Fischrestaurants servieren frische Kutterschollen oder Nordseekrabben. Doch die Hauptattraktion ist Hamburgs schwimmendes Wahrzeichen, der Windjammer Rickmer Rickmers. 1896 gebaut, ist er einer der letzten Großsegler der Handelsschifffahrt, ausgerüstet mit allen drei Antriebsarten des letzten Jahrhunderts: Wind, Dampf und Diesel. Nebenan liegt der Weiße Schwan des Südatlantiks, die Cap San Diego, einer der letzten klassischen Stückgutfrachter, Baujahr 1961. Kurz darauf trat das Containerschiff seinen Siegeszug an. Beide Schiffe sind seit Mitte der 80er Jahre Museumsschiffe. Die ersten Anlegestellen dieser Art wurden 1839 für die neuen Dampfschiffe gebaut. Wegen der Brandgefahr und weil nur dort Platz war für die Kohlen, lagen sie ganz am Rand des Hafens. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein legten hier die Englandfähre und die Schiffe nach Übersee mit Millionen von Auswanderern ab.
Die Landungsbrücken

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Hafenfest

Schlepperballett Jedes Jahr um den 7. Mai feiert Hamburg seinen Hafengeburtstag. Denn angeblich wurde ihm an diesem Tag 1189 von Kaiser Barbarossa die Zollfreiheit gewährt und damit konnte es seinen Hafen bauen. Angeblich, weil es dafür keinen Beleg gibt. Stattdessen stellten sich die Hamburger den Freibrief 1265 selber aus, behaupteten, dass es genauso gewesen sei und ließen sich das ganze erst von Barbarossas Enkel bestätigen. Doch das tut der Feierlaune von über 1,2 Millionen Gästen und der wilden Entschlossenheit, damit so berühmt wie das Oktoberfest zu werden, keinen Abbruch. Eröffnet wird das Fest mit einem Gottesdienst im Michel. Dem folgt die Einlaufparade von 300 Gastschiffen, darunter die schönsten Windjammer der Welt, von denen viele anschließend besichtigt werden können. Irgendwann tanzen auf der Elbe die Schlepper Ballett, es gibt ein Drachenbootrennen, eine Luftshow mit Kunstfliegern, Ballonfahrern und Fallschirmspringern und dazu dauernd action auf der Elbe mit Rettungsübungen und Verbrecherjagden. Und wenn vorne mal nichts los ist, bleibt hinten noch die Hafenmeile von der Speicherstadt bis zum Elbtunnel mit Fressbuden, Bierständen und Fahrgeschäften.
Der Hafengeburtstag

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Sielmuseum

Collection de Toilette 50 Meter vom Alten Elbtunnel entfernt liegt das kuriose Sielmuseum. Hier zeigt die Stadtenwässerung, was so alles durch Hamburgs 5.000 km langes Kanalnetz schwimmt: neben Gebissen, Büstenhaltern, Perücken und Schlüpfern sind das auch Schubkarren, Brillen, Geldscheine und Teddys. Bis zum Großen Brand 1842 entsorgten die Hamburger ihren Unrat einfach auf die Straße oder in die Flüsse und Fleete, aus denen sich samt Würmern, Muscheln und jungen Aalen auch die wenigen Wasserleitungen speisten. Die gesundheitlichen Folgen waren verheerend. Trotzdem dachte der Senat eher aus politischen Gründen über eine Lösung nach, weil er hoffte, reinliche Menschen würden nicht so leicht zu Revolutionären. Mit dem Abwasserausbau begann man deshalb zügig. Die Trinkwasserversorgung ließ jedoch bis 1890 auf sich warten. Zu spät, um die Cholera zu verhindern, die 1892 von russischen Auswanderern eingeschleppt wurde und 8.600 Menschenleben kostete. Seit Jahrzehnten hatten Ärzte davor gewarnt. Doch die reichen Hamburger Pfeffersäcke hielten ihr Geld fest. Ein Wasserwerk hätte sie 22 Millionen Mark gekostet. Die wirtschaftlichen Folgeschäden der Cholera bezahlten sie mit Milliarden.
Abwasser- und Siel-Museum geschlossen.

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Hafenstraße

Utopien Obwohl die 12 Häuser, die in den 80er und 90er Jahren das Symbol für Häuserkampf und Straßenschlachten waren, erst vor wenigen Jahren saniert wurden, sind sie fast schon wieder so bunt wie vorher. Wo einst an der Fassade prangte: Wenn ihr uns räumt, holen wir die Russen, wird heute gegen die Privatisierung des öffentlichen Raums gekämpft. Schon immer verstanden es die Besetzer, ihre privaten Utopien vom selbstbestimmten Leben mit aktuellen sozialen Konflikten zu verbinden. Damit brachten sie zeitweise bis zu 120.000 Leute auf die Straße, die mit ihren Demos Gewalttaten, Stromdiebstahl und verweigerte Mietzahlungen deckten. Nachdem 1987 mehrere Einigungsversuche gescheitert waren, wurden die Häuser mit Barrikaden, Wanddurchbrüchen und Brücken in den oberen Etagen zur Festung ausgebaut. Erst nach dem Aufzug von 5.000 sturmbereiten Polizisten gaben die Verteidiger auf. Seit Mitte der 90er Jahre eine selbstverwaltete Genossenschaft die Häuser übernahm, wurde es ruhiger. Provokationen und massiver Widerstand gegen die Ahndung von Rechtsbrüchen führen aber bis heute gelegentlich zu Ausschreitungen und Polizeieinsätzen ein rechtsfreier Raum, klagen die Konservativen.
Die Hafenstraße als rechtsfreier Raum

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Erotik-Art-Museum

Fantasien Tatsächlich geht es im Erotic Art Museum vor allem um Erotik und Art und weniger um Geilheit oder Pornografie. Viele der 1.800 Arbeiten stammen von großen Künstlern mit Namen wie Picasso, Grosz, Delacroix oder Dix. Und deshalb muss sich niemand, der den alten Speicher besucht, seiner Neugier und Schaulust schämen. Zusammengetragen hat diese Kollektion erotischer Weltkunst aus fünf Jahrhunderten der Immobilienmakler Claus Becker. Seit 1992 zeigt er sie hier und zieht damit jährlich bis zu zwei Millionen Besucher an nicht zuletzt, weil sich die Öffnungszeiten museumsuntypisch an den Stoßzeiten auf der Reeperbahn orientieren. Wochentags ist man hier fast allein. Das Erdgeschoss ist so etwas wie der warm-up-room, aber dann steigt Stockwerk für Stockwerk die Spannung. Dennoch: Das heimliche Highlight des Hauses versteckt sich seit Sommer 2005 im Keller. Hier, hinter einem Türchen, das man leicht übersieht, präsentiert der 1919 geborene Hamburger Friedrich Fiete Frahm in einem Labyrinth aus schmalen Gängen, Kämmerchen und kleinen Räumen, verwirrend dicht gehängt, sein Lebenswerk aus 1.000 erotischen Collagen. Wer sich darin verliert, findet so bald nicht wieder zurück.

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Hans-Albers-Platz

Blonder Hans Ohne die Filme Große Freiheit Nr. 7 (1945), Auf der Reeperbahn nachts um halb eins (1954) oder Das Herz von St. Pauli (1957) wäre St. Pauli heute wahrscheinlich ein Viertel wie jedes andere. An dem Helden dieser Filme, Hans Albers, konnten sich die Nachkriegs- Deutschen aufrichten. Seine jüdische Lebensgefährtin hatte ihn vor jedem Flirt mit den Nazis bewahrt, so dass er nach 1945 einfach weiter spielen konnte. Groß, blond und blauäugig, ließ er sich nie doubeln und gab dabei das liebenswürdige, stets verlässliche Raubein so überzeugend, dass er Deutschlands bestbezahlter Schauspieler wurde. Obwohl seinem Sarg 1960 in Ohlsdorf 10.000 Mensch folgten, rang sich das offizielle Hamburg nie zu einer Ehrung des Filmidols durch. Das übernahm 1985 der Star-Künstler Jörg Immendorff, nachdem er aus dem La Paloma eine Künstlerkneipe gemacht hatte. Für den Platz davor schuf er eine fast drei Meter hohe Albers-Bronze, räumte sie aber gleich wieder ab, als der Senat nicht einmal den Platz dafür gestalten wollte. Erst 1999 kehrte sie zurück. Nebenan in der Gerhardstr. werben rosa Rene für das Scandia, eine Kneipe mit Sauna. Trinken können Männer und Frauen hier gemeinsam, schwitzen nur getrennt.
Hans Albers auf St. Pauli

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Reeperbahn

Sex und Show Wer noch niemals in lauschiger Nacht, einen Reeperbahn-Bummel gemacht, ist ein armer Wicht, denn er kennt dich nicht, mein St. Pauli, St. Pauli bei Nacht. Wie einst Hans Albers, bummeln heute 40.000 Menschen pro Nacht vom Millerntor hinauf zum Nobistor und zurück. Denn mit rund 750 Kneipen, Diskos, Saunaclubs, Pornoläden, Sexshows und Puffs auf 2,5 km2 ist St. Pauli immer noch Europas bekanntestes Vergnügungsviertel. Dabei hat sich die Straße seit den 80er Jahren gründlich verändert. Die Seeleute, die sie einst prägten, sind längst verschwunden. Stattdessen hielt neben dem legendären Milieu eine eher bürgerliche Szene mit Varieté-Theatern, Musik-Clubs und Restaurants Einzug. Galt die Straße früher als verrucht, ist sie heute längst gesellschaftsfähig. Trotz oder sogar wegen ihrer Huren und der käuflichen Schönheiten in den Schaufenstern der 60 Meter langen Herbertstraße (für Frauen gesperrt). Denn die Grenzen zwischen Sexbetrieb und Showbuisness sind fließend und beide Branchen ergänzen sich bestens. Ehe man den Einladungen der Anreißer vor den Lokalen folgt, sollte man die Preise erfragen. Sonst ist man schnell mal einen Hunderter los, kaum dass man weiß, wofür.
Der Reeperbahn-Guide

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Kultorte

900 m Spaß Auch wenn es nicht mehr in St. Pauli gebraut wird, gehört das Astra-Bier zur Reeperbahn wie die 400 Huren, die hier jede Nacht den Männern ihr Komm mal her, Du! entgegenflöten. Die Tankstelle am Spielbudenplatz braucht deshalb sogar Türsteher, denn viele, denen der Brennstoff in den Vergnügungsläden zu teuer ist, glühen hier mit ein paar Astras schon mal vor. Den Kiez, wie er einmal war, erlebt man am ehesten im Silbersack (Silbersackstr. 9). Die über 80jährige Wirtin Erna Thomsen hat schon mit Hans Albers ihren Likör geschlürft. Eine alte Musiktruhe spielt dazu die Schlager von damals. Nebenan, in der Nr. 27, lädt die seit einiger Zeit besonders angesagte St. Pauli Tanzhalle ein. Ältere Kultorte sind die Porno- und Boxerkneipe Ritze (Rb 140), die man durch zwei gespreizte Damenbeine betritt, das Travestie-Varieté Pulverfass (Rb 147), das Café Keese mit seiner Damenwahl beim Ball Paradox (Rb 19) oder die Absturz- und Baggerkneipe Lemnitz mit ihrem ellenlangen Tresen daneben. Schließlich darf man Harrys Hafenbasar (Balduinstr. 18) nicht verpassen, eine finstere Rumpelkammer voller Seemanns- Kuriositäten vom altertümlichen Taucheranzug über die exotischsten Götzenbilder bis zum Schrumpfkopf.
Harrys Hafenbasar

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Davidwache

Heißes Pflaster Als Stadt hoch im Morden spielt Hamburg, seit es das Fernsehen gibt, immer wieder die Hauptrolle in einschlägigen Krimis und Serien. Beliebtester Schauplatz dafür wurde nach dem Film Polizeirevier Davidswache von 1964 eben diese Davidwache (ohne s!). Das ließ sie zur bekanntesten deutschen Polizeidienststelle werden, obwohl ihr Revier angeblich das kleinste der Welt ist. Seit ihrer Einweihung 1914 soll sie immer offen gewesen sein, so dass es Gerüchten zufolge für den Haupteingang nicht einmal einen Schlüssel gibt. 124 Polizisten, die weder im Kiez wohnen noch darin verkehren dürfen, betreuen von hier aus 14.000 St. Paulianer und 750 Vergnügungsbetriebe, darunter 4 Laufhäuser, 60 Steigen und den Straßenstrich gegenüber. Dazu kommen am Wochenende bis zu 150.000 Touristen. Besonders nachts ist das ein Knochenjob in einem der härtesten Reviere der Welt, sagt Chefkommissar Peter Baustian. Trotzdem achte man auf einen familiären Ton. Verlangt die Vorschrift für Streifengänge zwei Polizisten, geht man hier nur zu dritt. Dabei bleibt die Wahl der Ausrüstung von kugelsicherer Weste bis Schlagstock den Beamten überlassen. Nur auf ein gleiches outfit müssen sie sich einigen.
Die Davidwache lexikalisch

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St. Pauli Theater

Back to the roots Als Bankräuber verkleidet, drohte der Star des St. Pauli-Theaters, Ulrich Tukur jüngst von vielen Plakaten der Stadt: Für gutes Theater tun wir alles!, um damit auf die Not seines Hauses aufmerksam zu machen und die gleiche öffentliche Hilfe einzufordern, wie sie auch 12 andere Hamburger Privat-Theater bekommen. Nach zwei erfolgreichen Jahren mit einem neuen Konzept sah sich das Haus mit dem Rücken an der Wand. Die Produktionen eigener Hamburg-Stücke, wie die St.-Pauli-Revue, Der Lord von Barmbek oder die Geschichte um die Kabarett-Gebrüder Wolf, wurden zwar begeistert aufgenommen, spielten aber nicht genug ein. Tukurs Drohung ging trotzdem ins Leere. Wo immer weniger ist, lässt sich nicht immer mehr verteilen. Damit muss Theaterchef Ulrich Walle wieder verstärkt den bunten Gastspiel-Eintopf anbieten, von dem er sich eigentlich verabschieden wollte. Obwohl das Haus damit 15 Jahre erfolgreich war, hatte er 2003 das Ruder herum geworfen und Kurs auf die eigenen Wurzeln als Hamburgisches Volkstheater genommen. Denn so verstand sich die älteste, ununterbrochen bespielte Bühne der Stadt seit ihrer Gründung 1841. Und dieses Feld liegt heute in Hamburg brach, glaubt Walle.
Das St. Pauli Theater

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Schmidt Theater

Trash + Kult Corny Littmann war bereits viele Jahre mit schwulen Theater-Gruppen unterwegs und hatte dabei Ernie Reinhard (Lilo Wanders) kennen gelernt, als er am 08.08.88 8.08 Uhr mit dem Schmidt-Theater am Spielbudenplatz ein eigenes Haus eröffnete und mit schrillen, obszönen Shows eine neue Art der Unterhaltung an die Reeperbahn brachte. Seine Mitternachtsshows mit Darbietungen von Profis und Laien, moderiert von ihm, Lilo Wanders und Frau Jaschke wurden zum Karriere-Sprungbrett für Stars wie Helge Schneider und sie waren so erfolgreich, dass sie in den 90ern im Fernsehen gezeigt wurden, einschließlich hübscher Skandälchen, bei denen sich der Bayerische Rundfunk abschaltete. Mit Schmidts Tivoli eröffnete Littmann daraufhin im einstigen Hofbräuhaus nebenan ein zweites Theater. Bis heute finden beide Häuser mit ihrem Mix aus Trash, Comedy, Musical und Akrobatik ihr unschlagbar buntes Publikum, so dass man 2005 am alten Standort des Schmidt-Theaters einen Neubau mit dem gewohnten Plüsch und doppelt so vielen Plätzen eröffnete. Littmann wurde 1999 nicht nur zum Hamburger Unternehmer des Jahres gekürt, seit 2003 ist er als bekennender Schwuler auch Präsident des raubeinigen FC St. Pauli.
Das Schmidt Theater & Schmidts Tivoli

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Panoptikum

Damen ohne Unterleib Steffi Graf im Unterhemdchen, Marilyn Monroe gerade noch im BH, sonst nackt, die Beatles mit Glatze, Napoleon ohne Arme und Altkanzler Schröder sogar ohne Kopf jedes Jahr im Januar herrscht Chaos im Panoptikum. Denn dann werden die 125 Promis aus Geschichte, Politik und Showgeschäft ausgezogen, auseinander genommen und geputzt, die Haare gewaschen und die Kostüme gereinigt. Nur Otto Lilienthal hat seine Ruhe. Ihn aus seinem Flieger an der Decke zu ziehen, ist zu umständlich. Außerdem sieht man den Dreck dort oben auch nicht so. Deshalb ist er nur alle drei, vier Jahre dran. Mit der Perfektion des Wachsfigurenkabinetts der Madame Tussaud in London kann es das Hamburger Panoptikum nicht aufnehmen. Aber das stört die 130.000 Besucher im Jahr nicht. Honecker wurde trotz seiner eigentlich falschen Nase sogar schon geohrfeigt. Unter den vielen, ständig den Betreiber und das Konzept wechselnden Häusern am Spielbudenplatz ist das Panoptikum seit 1879 in der Hand derselben Familie und damit eines der wenigen Häuser mit Geschichte. Zu den Wachsfiguren wurden damals als leibhaftige Kuriositäten auch lebendige siamesische Zwillinge und echte Damen ohne Unterleib gezeigt.
Das Panoptikum

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Operettenhaus

Mamma Mia! Seit 2002 läuft im Operettenhaus das ABBA-Musical Mamma Mia. Nur einen Monat nach seiner Premiere waren bereits 300.000 Karten verkauft und das Haus ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht ein Erfolg, der bis heute anhält. Mamma Mia! erzählt nicht von ABBA, sondern in 22 ABBA-Hits von der alleinstehenden Donna, deren 20jährige Tochter Sophia heiraten und sich dabei von ihrem Vater zum Altar führen lassen möchte. Leider gibt es dafür gleich drei Kandidaten und so steht sie vor einem echten Problem. Das ist urkomisch und rührend zugleich, geht es doch in der Geschichte um den Mut, dem eigenen Herzen zu folgen und an seine Träume zu glauben, um Familie und Freundschaft, um die Konfrontation mit der Vergangenheit und den Blick in die Zukunft. Zum dritten Geburtstag der Hamburger Aufführung hatten bereits 1,7 Millionen Menschen Mamma Mia gesehen, weltweit waren es zu diesem Zeitpunkt schon 25 Millionen. Damit dürfte das Stück am Spielbudenplatz genauso erfolgreich werden, wie sein Vorgänger Cats, der 1986 die Dauerquerelen um die Zukunft des Traditionstheaters beendet hatte und bis 2001 die Ränge füllte. Danach war das Haus für vier Millionen Euro umgebaut und erweitert worden.
Operettenhaus

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Imperial Theater

Krimineller Erfolg Mit der deutschen Erstaufführung des Musicals grease in einem früheren Pornokino mit gerade einmal 270 Plätzen schrieb das Imperialtheater schon bei seiner Eröffnung 1994 Musical-Geschichte. Darauf folgten in 11 Jahren 22 eigene Revue- und Musicalproduktionen und jedes Jahr ein Weihnachtsmärchen. Gleichzeitig profilierte man sich mit dem Quatsch-Comedy-Club, den Programmen des Kabarettisten Jan Christoph Scheibe, der Catbird-Show und ähnlichen Reihen als deutschlandweit anerkannte Comedy-Adresse. Schließlich nahm man 2003 auch noch die Theatersport- Folge Improslam ins Programm, um sich zuletzt eine dritte (oder war es schon die vierte?) Spielwiese als Krimitheater zu erschließen. Seitdem gibt es auch in Hamburg, wie schon in Berlin und München, Edgar Wallace oder Agatha Christie live on stage. Und weil auch das erfolgreich war, wurde es nun wirklich eng. Deshalb eröffnete man 2004 nur 400 m weiter, am Holstenwall, mit dem Royal-Theater eine zweite Bühne, um dort die eigenen Musik-Produktionen und dazu passende Gastspiele aufzuführen. Der Motor hinter dieser rasanten Karriere ist der Intendant, Regisseur, Schauspieler, Komödiant und Übersetzer Frank Thannhäuser.
Das Imperial Theater

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Bismarck-Denkmal

Versteckte Geschichte Mit fast 36 Metern Höhe, davon allein fünfzehn Meter für die Figur, ist das Bismarck-Monument Hamburgs höchstes Denkmal und eines der größten in Deutschland. Es besteht aus geschliffenem Schwarzwälder Granit, wurde 1906 von dem Berliner Bildhauer Hugo Lederer angefertigt und sein Sockel war so massiv, dass er später als Luftschutzraum diente. Wie ein Roland auf sein Schwert gestützt, in Rüstung und Mantel gekleidet, verkörpert der Hamburger Eiserne Kanzler die Größe und Freiheit des von ihm geeinten Reiches. Der nächste große Krieg lag schon in der Luft und so blickt der Fürst nicht zufällig nach England. Das erklärt auch die patriotischen Bilder und Bismarck- Zitate an den Wänden im Innern des Sockels, die heute erschreckend anmuten. Denn Sätze wie: Wir sind nicht auf dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsere Schuldigkeit zu tun. oder Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut, fügen sich nicht mehr in unser Weltbild. Da sie als seltene historische Zeugnisse dennoch erhaltenswert sind, bleibt der Sockel für die Öffentlichkeit bis auf weiteres geschlossen.
Das Bismarck-Denkmal

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Hamburgmuseum

Geschichten Während andere Stadtmuseen zur Not verzichtbar wären, weil sich die Spuren der Geschichte auch im Stadtbild wiederfinden, wurden diese Spuren in Hamburg durch den Großen Brand von 1842 und die Bombenangriffe ab 1943 fast völlig ausgelöscht. Und das macht das Museum für Hamburgische Geschichte zu etwas ganz Besonderem. Denn nur hier gibt es noch Zeugnisse alter Baukunst in Teilen von Bürgerhäusern oder Kirchen. Für Hamburg im Mittelalter steht eine Kogge mit zwei aufgespießten Schädeln daneben. Denn so endeten Piraten wie Klaus Störtebecker, wenn sie gefasst wurden. Dazu erinnert eine Brauerei daran, dass dieses Gewerbe mal die halbe Stadt ernährte. Mit der nachgebildeten Börse und bürgerliche Wohneinrichtungen wird die Neuzeit veranschaulicht. Und wie es im 20. Jahrhundert zuging, zeigt der erste Farbfilm über den Hafen, während der Gebetsraum einer Synagoge an die vertriebenen Juden erinnert. Am spannendsten aber sind wahrscheinlich die Inszenierungen zur jüngeren Vergangenheit mit einem Milchladen aus den 30er Jahren, einem Luftschutzraum oder der Studenten-WG aus den 70ern. Denn ähnliche Bilder kennt man noch aus dem Familienalbum und dazu die Geschichten.
Das Hamburg-Museum

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Laeisz-Halle

Segel-König Der Reeder Carl Laeisz (gesprochen: Leiß) war schon sieben Jahre tot, als die von ihm gestiftete Musikhalle 1908 eröffnet wurde. Bis heute ist sie mit rund 320 Konzerten und 400.000 Besuchern im Jahr Hamburgs wichtigster Aufführungsort für klassische Musik. Laeisz war im letzten Drittel des 19. Jh. im Salpeterhandel mit Chile reich geworden und hatte dabei Schifffahrtsgeschichte geschrieben. Denn obwohl er mehrere große Dampfschiffgesellschaften mitbegründet hatte, hielt er an seinen Seglern fest, weil die noch bis in das 20. Jh. hinein schneller waren als die moderne Konkurrenz. Als Laeisz die Segelei 1931 aufgab, segelte als letzter Reeder der Welt nur noch ein Finne. Auf Carl Laeisz geht auch die immer noch gepflegte Tradition zurück, nach der alle Schiffsnamen der Reederei mit P beginnen, so wie sein erstes Schiff. Das hatte er nach seiner Frau benannt, die er wegen ihrer krausen Haare Pudel rief. Von den insgesamt 85 Laeisz-Seglern existieren nur noch vier. Drei sind Museumsschiffe, darunter die Passat in Travemünde und eins, die Kruzenstern, dient als russisches Ausbildungsschiff. Auch die Pudelplastik auf dem Laeiszhof (Trostbrücke 1) erinnert an den großen Reeder.
Die Laeisz-Halle

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Karo-Viertel

Wandel Noch vor ein paar Jahren war das Karolinenviertel als Ableger des Schanzenviertels das zweite Zentrum der alternativen Szene mit viel Armut, Kreativität und Multikulti. Inzwischen wurden viele Häuser saniert und die Wohnungen sind wegen ihrer Nähe zur Innenstadt oder zu Planten und Blomen auch bei Normalverdienern gefragt. Damit gerät der unkonventionelle Gammellook zunehmend in die Defensive. Er wurde abgelöst von einer jungen, frechen Designerszene, die sich in zwei Dutzend Läden entlang der Marktstraße breit macht. Auch wenn T-Shirts mit dem Aufdruck Prada Punk nicht jedermanns Sache sind, findet man hier viel Originelles, zum Beispiel die Schwarz-Mode bei Jungbluth, ausgefallenes Military-Dekor im Beifall oder die unendlich variierbaren Reißverschluss- Kombinationen im Sium. Wer dafür kein Geld hat, dem bleiben noch ein paar Secondhandshops. Mal kurz ausspannen beim Shoppen, ist auch kein Problem Cafés und Kneipen gibts hier genauso wie an der Schanze. Bis in die Seitenstraßen wirkt der neue Trend allerdings noch nicht. Der Ausländeranteil liegt immer noch bei 35 Prozent und es leben weiterhin mehr Arme und Arbeitslose im Viertel als in anderen Teilen der Stadt.
Das Karo-Viertel

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Rote Flora

Remake Die Balustrade im ersten Stock des einstigen Varieté-Theaters Flora eignet sich prima für revolutionäre Reden und noch besser zum Schwenken roter Fahnen. Trotzdem wäre die Rote Flora ohne den Umbau des benachbarten Wasserturms im Schanzenpark zum Hotel wahrscheinlich längst ein normaler Treff für Partys und Konzerte, der sich von anderen nur noch durch die Absurdität seiner internen Diskussionen unterscheidet. Doch das Wasserturm-Projekt brachte 2004 noch einmal alle Revolutionäre zusammen. Den 40jährigen Veteranen bot es die Gelegenheit, sich alter Zeiten zu erinnern und dem jugendlichen Nachwuchs die Chance, sich nach dem Vorbild der Alten im Straßenkampf zu bewähren. Damals, 1987/88 prügelten sich Hunderte Linke, unterstützt von den Anwohnern, mit noch mehr Polizisten, um den Ausbau der leerstehenden Flora für das Musical Phantom der Oper zu verhindern, denn sie befürchteten davon eine Aufwertung ihres Viertels und höhere Mieten. Der Investor kapitulierte schließlich vor den Krawallen, die Ruine wurde besetzt und als linksradikaler Treff weiter genutzt. So hätte man zwanzig Jahre später gerne noch einmal gesiegt. Doch die Welt von heute ist nicht mehr die von damals.
Die Rote Flora über sich selbst

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Schanzenviertel

Kampf um den Kiez Das Schanzenviertel rund um das Schulterblatt ist Hamburgs Szene-, Ausgeh- aber auch Chaotenviertel und darin so außergewöhnlich, dass ihm der Senat 2005 eine Sonderverwaltung verpasste. Selbst Fremde merken, wo es anfängt und wo es aufhört, nicht zuletzt an den vielen unsanierten Altbauten, aber noch mehr an den Leuten, die darin wohnen. Die sehen oft bunter, kreativer oder alternativer aus als anderswo in der Stadt, aber auch abgewrackter, betrunkener und bekiffter. Dazu gibt es Unmengen türkischer, arabischer, italienischer, indischer, chinesischer und sonstiger Läden, hippe Boutiquen, Sushi-Bars und Vinyl- Stores, vor allem aber Kneipen, Kneipen, Kneipen eine schräger als die andere mit Wirten, die offenbar nie schlafen. All das klingt verlockend für Investoren und schreit geradezu nach Vergoldung. Doch dagegen wehrt sich der Stadtteil vehement allen voran die Straßenkämpfer aus der Roten Flora, die um ihr Sozialbiotop und die Symbiose seiner Arten fürchten. Da der Senat den Boykott jeglicher Veränderung nicht tolerieren kann, kommt es immer wieder zu Krawallen. Und dabei flogen jüngst sogar wieder Molotow-Cocktails. Das gab es zuletzt vor 20 Jahren.
Die Schanze als Szeneviertel

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Fernsehturm

Aussichtslos Seit 2001 lohnt ein Besuch des 279 Meter hohen Heinrich-Hertz-Turms nicht mehr. Denn das drehbare Panoramarestaurant und die Aussichtsplattform sind geschlossen. Nach einer Asbestsanierung ließ die Deutsche- Funkturm GmbH die Zeit verstreichen, um beides einfach weiter zu betreiben. Für die Sicherheitsauflagen, die danach galten, will seither niemand mehr aufkommen. Damit ist Hamburg um eine Attraktion ärmer, ein Schicksal, dass es mit anderen Städten teilt. Von der Panoramaplattform konnte man sich in den 90er Jahren noch mit einem Gummiseil an den Füßen in die Tiefe stürzen. Doch seit das Seil 2003 bei einem Sprung vom Dortmunder Fernsehturm riss, hatte auch diese Nutzung keine Zukunft mehr. Als Radio- und Fernsehsendemast wurde der Turm bei seiner Einweihung 1968 nach dem Physiker benannt, der als Sohn der Stadt 1884 entdeckt hatte, dass elektromagnetische Wellen drahtlos Strom übertragen. Bis heute basiert darauf die Übertragung von Rundfunksignalen, auch für das Digitalfernsehen. Damit wurden die Hamburger 2004 nicht nur unabhängig von den Kabelnetzbetreibern, das Fernsehen ist seitdem auch genauso mobil wie das Radio und kann im Garten oder im Auto empfangen werden.
Der Heinrich-Hertz-Turm

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