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Jockeys, Künstler, Suppenesser

Reichsgericht

Prachtbau. Als Messestadt wurde Leipzig 1870 bereits Sitz des obersten deutschen Handelsgerichts. Und weil das Misstrauen gegen Berlin im geeinten Reich eher zunahm, bekam es 1879 auch noch das Reichsgericht. Das bezog 1895 den Prachtbau, in dem heute das Bundesverwaltungsgericht arbeitet. Hier wurde Karl Liebknecht verurteilt, weil er die Verfassung über die Kaisertreue stellte. Und hier entstand der Vorwurf, die Weimarer Republik sei auf dem rechten Auge blind. Dafür sprachen die Prozesse gegen die Kapp-Putschisten, die Fememord- und Kriegsverbecher-Prozesse, aber auch das Urteil gegen den publizistischen Verrat des Linken Carl von Ossietzky. Als 1930 drei Ulmer Offiziere verurteilt wurden, weil sie zum nationalen Umsturz aufriefen, war es fast zu spät. Die flammenden Reden des bulgarischen Kommunisten Dimitroff im Reichstagsbrandprozess hielten die NSDAP nicht mehr auf. Trotzdem benannte die SED später das ganze Haus nach ihm und nutzte es als Bildermuseum. Heute backen die Richter kleinere Brötchen. Sie klären, ob ein Hightech- Turnschuh ein Elektrogerät ist oder wann eine Drogerie zur Apotheke wird. Eine Führung beantwortet dies. Zur Geschichte des Reichsgerichts lädt ein Museum ein.
Das Bundesverwaltungsgericht

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Neues Rathaus

Rekord. Um 1900 war Leipzig die viertgrößte deutsche Stadt und brauchte ein neues Rathaus. Die Hälfte der Stadtverordneten wollte dafür das Alte Rathaus abreißen. Geopfert wurde schließlich die alte Pleißenburg. Dort hatte Luther 1519 im Streit mit Johann Eck den Bruch mit Rom vollzogen und dort nahm Goethe ab 1765 Zeichenunterricht bei Adam F. Oeser. Mit dem Neubau krönte Stadtbaudirektor Hugo Licht sein Lebenswerk. Der Turm ist mit 114 m der höchste Rathausturm der Welt und das Rathausgebäude eines der größten in Deutschland. Am Eingang zum Ratskeller verschlingt ein Ungeheuer den Bürger und die Schnecken auf den Klinken der Eingangsportale spielen auf die Trägheit der Verwaltung an. Da auch der Neubau bald zu klein war, entstand bis 1911 das Stadthaus nebenan. Die Seufzerbrücke oder auch Beamtenlaufbahn verbindet beide Häuser. Leipzigs berühmtester OB war C. F. Goerdeler. Er sollte neuer Reichskanzler werden, hätte Stauffenberg Hitler getötet. Daran erinnert ein Denkmal im Südwesten des Rathauses. Auf dem Grund eines fünf Meter tiefen, abgestuften Trichters schlägt vier mal am Tag eine Glocke eine schöne Metapher auf den Weg Goerdelers vom NSSympathisanten zum Widerständler.
Das Neue Rathaus

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Galerie für zeitgenössische Kunst

Kommunikativ. Die Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfzK) zeigt, was ihr Name verspricht internationale Kunst nach 1945, die dem Bilder- Museum fehlt. Die Galerie besteht aus der in den 90er Jahren von Peter Kulka umgebauten Villa des Verlegers Paul Herfurth, der GfZK-1, und einem 2004 eröffneten Flachbau des Architekturbüros as-if berlinwien, der GfZK-2. Die Ausstellungen widmen sich bedeutenden Positionen der Vergangenheit und den Arbeiten junger Künstler von heute. Wer es genauer wissen will, kann sich dafür in die Bibliothek setzen, eines der vielen Mitmach- Angebote oder eine Führung nutzen. In der GfZK-2 lädt zudem ein Café mit einem schönen Freisitz ein, das sich alle zwei Jahre im neuen Design präsentiert und dabei seinen Namen ändert. Hier werden auch Filme gezeigt, Lesungen und Vorträge gehalten oder Konzerte gegeben. Ein Kunstwerk ist auch der Hei Di-Kiosk im ehemaligen Kutscherhaus. Sein Tante-Emma-Laden-Angebot, die Biergarten-Möbel vor dem Geschäft, sowie die roten Lampions und bunten Hängematten in den Bäumen spielen mit deutschen und asiatischen Gemütlichkeits-Klischees. Das gefällt den Galerie-Besuchern und auch den Studenten der benachbarten Kunsthochschule.
Die Galerie für zeitgenössische Kunst

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Hochschule für Grafik und Buchkunst

Traumberuf Künstler. Die internationale Kunstkritik hält die Hochschule für Grafik und Buchkunst als Wiege der sogenannten Leipziger Schule für die wichtigste deutsche Kunsthochschule. Begründet wurde das Erfolgslabel bereits durch Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig in den 70ern. Sighard Gille und Arno Rink bauten es in den 80ern aus und Neo Rauch, Tilo Baumgärtel und andere verhalfen ihm in den 90ern international zum Durchbruch. Neben Malerei/Grafik bietet die HGB Studiengänge für Buchkunst/Grafik-Design, Fotografie und Medienkunst und ganz zeitgemäß Unterricht im Audio- Visuellen Labor. Zum Grundstudium für alle gehört das Zeichnen nach der Natur vor dem Pottwalskelett. Ein Zeichenlehrer hatte die stinkenden Knochen des an der Nordsee gestrandeten 15-m-Riesen 2002 nach Leipzig geholt und sie tagelang in der Kläranlage Rosental mit 600 kg Persil gewaschen, bevor er sie im Anatomiesaal wieder zusammen setzte. Im Deutschen Literaturinstitut auf der anderen Straßenseite kann man seit 1955 auf Schriftsteller studieren. Weltliteratur kam dabei noch nicht heraus. Aber einige Absolventen wie Erich Loest oder Sarah Kirsch schafften es in die deutsche Literaturgeschichte.
Die Hochschule für Grafik und Buchkunst

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Musikviertel

Bike Point. So viele Musiker, wie hier Fahrräder herumstehen, gibt es in ganz Sachsen nicht. Tatsächlich ist das Musikviertel heute ein Hochschulviertel. Musik macht nur noch die Hochschule für Musik und Theater und das in allen Genres von Klassik bis Pop. Sie nutzt den Bau des früheren Konservatoriums, in dem einst Arthur Nikisch und Max Reger unterrichteten. Der Name Musikviertel geht auf das Gewandhaus zurück, das hier seit 1884 stand und von Kapellmeistern wie Wilhelm Furtwängler geleitet wurde. 1944 brannte es aus. Obwohl es rekonstruierbar gewesen wäre, wurde es 1968 gesprengt. An seiner Stelle steht seit 2002 das Geisteswissenschaftliche Zentrum ein Kulturinstitut für Osteuropafragen. Gegenüber fand 1891 die Albertina als zweitälteste deutsche Uni-Bibliothek eine neue Heimstatt. Auch sie wurde 1944 zerstört und ihre Reste dämmerten 1989 dem endgültigen Einsturz entgegen. 2002 war die Rekonstruktion abgeschlossen. Rechts neben dem einstigen Konservatorium liegt die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur. Früher eine Gewerbeschule, bündelt sie heute traditionelle Leipziger Kompetenzen und bildet Architekten, Bibliothekare, Museologen, Ingenieure und Informatiker aus.
Das Musikviertel

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Bayerischer Bahnhof

Haltepunkt Gose. Mit der ersten deutschen Ferneisenbahnstrecke Leipzig-Dresden wollte der Nationalökonom Friedrich List die Deutschen 1839 für ein bundesweites Schienennetz mit Leipzig als Hauptknoten begeistern. Da die Strecke bald Gewinn abwarf, wurde 1841 eine zweite ins bayerische Hof gebaut. Daran erinnert der Bayerische Bahnhof als ältester erhaltener Kopfbahnhof Deutschlands und einmaliges technisches Denkmal. Damals hielt man ihn für zu pompös, dabei waren es die Brücken im Vogtland, an denen die Investoren scheiterten. Sie wurden doppelt so teuer wie geplant, weil es kein Vorbild gab. Um das Projekt zu retten, sprang das Königreich Sachsen ein. Und der Einsatz lohnte sich. 1875 hatte der Bayerische Bahnhof eine Million Fahrgäste. Durch die Eröffnung des Hauptbahnhofs 1912 wurde er zum Nebenbahnhof. 1943 zerstört und nicht wieder aufgebaut, verfiel er bis zur Stilllegung 2001. Erst vor kurzem verwandelte der neue Citytunnel den historischen Kopfbahnhof in einen modernen S-Bahn-Haltepunkt. Dafür musste man den 2800 t schweren Porticus vorübergehend um 30 m verschieben. Die alten Bahnhofsgebäude werden inzwischen als Gasthaus mit eigener Gose-Brauerei und großem Freisitz genutzt.
Der Bayerische Bahnhof

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Volkshaus

Klassenkampf. Im Volkshaus ist immer etwas los. Ab 9.00 Uhr kann man hier lecker frühstücken. Tagsüber lockt die Hausspezialität Flammkuchen. Im Sommer kann man vor dem Haus im Schatten und hinter dem Haus in der Sonne sitzen. Und abends sind die Partyreihen der Renner. Der einstige Gewerkschaftsbau wurde Anfang des 20. Jh. errichtet, hatte einem riesigen Biergarten und diente der Bildung, dem Vereinsleben und der Erholung der Gewerkschafter. Hier schlug Leipzigs rotes Herz. Deshalb beschossen die Kapp-Putschisten 1920 das Gebäude und setzten es in Brand. 13 Jahre später stürmte die SA die linke Hochburg, Akten und Inventar flogen aus dem Fenster und im Hof loderte ein Feuer. Danach folgten 5.000 Leipziger der Einladung einer Tageszeitung, den Bonzenpalast zu besichtigen. Kurz darauf zog die Arbeitsfront ein und das Volkshaus an der Zeitzer Str. wurde zum Haus Vaterland an der Adolf-Hitler-Straße. In der DDR saß hier der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund, dem man schon deshalb angehörte, weil man sonst keinen Ferienplatz bekam. Nach der Wende trat der DGB wieder in sein Recht. Er verkaufte das Volkshaus 2006 gegen heftigen Protest an eine Fondgesellschaft und ist jetzt Mieter.
Das Volkshaus

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Löffelfamilie

Suppenmarathon Es ist ein kurioses Schauspiel. Seit 35 Jahren schaufeln Mutter, Vater und zwei Kinder jede Nacht die doppelt konzentrierten Suppen aus dem VEB Feinkost in sich hinein. Die Neonlicht-Reklame ist Kult in Leipzig, seit sie installiert wurde. Denn schon damals war sie ein Witz. In der Mangelwirtschaft der DDR wurde gekauft, was das Regal hergab und gegessen, was auf den Tisch kam. Werbung hatte auch nicht den Absatz zu fördern, sondern die Höchstleistungen der sozialistischen Produktion zu preisen. Als der VEB Feinkost trotzdem pleite ging, verschlug es der Löffelfamilie kurzzeitig den Appetit. Doch dann sorgte die benachbarte NaTo fast zehn Jahre lang mit Löffeltagen und Spendenaktionen dafür, dass die Familie munter weiter löffeln konnte. Inzwischen kümmert sich ein eigener Verein darum. Die heruntergekommene Fabrik dahinter wird von der Feinkost-Genossenschaft als alternativer Kultur- und Gewerbehof bewirtschaftet. Auf der letzten Insel der Freiheit im Leipziger Süden gibt es Mode, Spielzeug, Kinderbücher, exotischen Klimbim, Kräuter und Essenzen, zwei Plattenläden, einen Schuster und einen Computerservice. Der geplante Abriss der Fabrik ist damit vorerst abgewendet.
Die Löffelfamilie

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Nato

Keimzelle. Der Name NaTo für den ersten Szenetreff Leipzigs hat nichts mit dem westlichen Militärbündnis zu tun. Er geht vielmehr zurück auf die Nationale Front, die hier ihren Sitz hatte. So hieß das Zwangsbündnis der Parteien und Massenorganisationen, mit dem sich die SED bei Wahlen die 99%ige Zustimmung sicherte. Dafür war die Einheitsfront in jeder Nachbarschaft präsent und organisierte Aktionen wie Schöner unsere Städte und Gemeinden! oder den Kampf um die Goldene Hausnummer, lud zu Versammlungen, Vorträgen und Kulturveranstaltungen ein oder auch zum Feiern. 1985 begann ein junger Hausmeister, den Kulturauftrag der Organisation freier auszulegen. Er öffnete sein Haus für alternative Kunst-, Tanz- und Jazzevents und bot Künstlern eine Bühne, die in Berlin nicht auftreten durften. Das war schon deshalb spannend, weil die Veranstaltungen zur Tarnung als Betriebsfeiern angemeldet waren. Damit wurde die NaTo schon vor 1989 zur Keimzelle der späteren Kneipenmeile KarLi. Heute agiert sie als Verein, bietet anspruchsvolle Film- und Konzertreihen und im Sommer traditionelle Kultevents wie das Fußballturnier um den NaTo-Cup, ein Badewannenund ein internationales Seifenkistenrennen.
Die Nato

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Café Grundmann

Echtes Art Deco. Obwohl nicht in der Innenstadt gelegen, ist das Café Grundmann eine Leipziger Institution. Der Grund: Es wird seit 1919 ohne Unterbrechung bewirtschaftet. Und weil es seinen Namen mit jedem neuen Konditormeister wechselt, verbindet jede Generation ihre Erinnerung mit einem anderen Café. Dabei ist es immer das selbe. Seit 1930 hat sich hier nichts verändert. Wandverkleidungen, Thonet-Stühle, Garderobenständer, Eckbänke und die verglaste Veranda haben allen Modernisierungsgelüsten widerstanden. Dadurch ist das Café heute weit und breit das einzige im originalen Art Deco oder auch Bauhaus-Stil. Das Angebot an Kuchen, Speisen und Getränken wird durchgängig gelobt und mittags lockt ein Time-Lunch, bei dem frühes Bestellen die besten Preise sichert. Weil sich im Café seit jeher Musiker, Künstler und Literaten zum Stammtisch treffen, wird hier auch schon immer zu Lesungen und Konzerten eingeladen. In den letzten Jahren haben sich die Abende mit dem Hot Club dAllemagne jeden ersten Dienstag im Monat zu Publikumsrennern entwickelt. Die vier Musiker spielen temperamentvollen Zigeunerjazz in der Tradition von Django Reinhardt aus den 30er Jahren. Und das passt zum Ambiente.
Das Café Grundmann

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Rennbahn

Neue Wege. Jedes Jahr am 1. Mai scheint die Leipziger Turfwelt wieder in Ordnung zu sein. 15.000 Gäste, darunter viele Prominente, hatte die Galopprennbahn im Scheibenholz auch als das Jahr noch 30 Renntage hatte. Heute sind es nur noch fünf oder sechs und bei denen geht es deutlich ruhiger zu. Die Sponsoren machen sich rar, die Renn-Veranstaltungen in Berlin und Dresden gelten als attraktiver und wetten kann man auch im Internet. Dabei hat der Galoppsport in Leipzig eine über 140jährige Tradition. Die ersten Rennen wurden 1863 auf den Postgutwiesen von Karl Heine ausgetragen. Vier Jahre später zog die Rennbahn näher an die Stadt, an ihren jetzigen Standort. Damals wurde das neue Geläuft wegen seiner schönen Lage mit der Pariser Derbybahn Chantilly verglichen. Bis heute prägt die Tribüne von 1907 das Erscheinungsbild der ältesten Leipziger Sportstätte. Da die 30 ha Anlage allein aus den Einnahmen der Renntage nicht mehr zu unterhalten ist, sucht der Rennverein händeringend nach Partnern mit Ideen für alternative Nutzungen. Einen hat sie schon: die Schaubühne Lindenfels. Sie lädt auf der Rennbahn ins Freiluftkino oder ins Sommertheater ein und betreibt dazu einen kleinen Biergarten.
Galopp im Scheibenholz

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Karli

Kneipenmeile. Die gefühlten 1.000 Bars und Kneipen auf der Karli sorgen dafür, dass hier immer etwas los ist. Die Straße führt direkt nach Süden, so dass die Lokale im Sommer einen Freisitz in der Sonne und/oder im Schatten bzw. auf der Straße und/oder im Hof bieten und sie ist mit 2,5 km länger als jeder Abend. Deshalb empfiehlt sich zum Auftakt ein Kaffee im Express-O (Nr. 13). Das Daikoku (Nr. 38) lockt mit Sushi, das Killiwilly (Nr. 44) gilt als Urgestein der Pubszene, im Chillino (Nr. 70) duften die Bagels, das Puschkin (Nr. 74) ist vielleicht die Szenekneipe überhaupt, im Pata Negra (Nr. 75) geht es spanisch zu, das Sub Urban ( Nr. 79) ist vor allem seine Cocktails wert, im Kickers In (Nr. 82) treffen sich die Tischfußballer, das La Cosita (Nr. 89) verspricht Karibik pur, ins Fela (Nr. 92) geht man frühstücken, im Maharadscha (Nr. 112) wird indisch aufgetischt, beim Hotel Seeblick (Nr. 125) macht schon der Name neugierig, die Idylle (Nr. 127) schenkt zu wechselnden Ausstellungen sechs Sorten Fassbier aus, in der kleinsten KarLi-Kneip kann man mit Frau Pulver (Nr. 133) quatschen und die Südbrause (Nr. 154) empfiehlt sich für Leute mit langen Wegen, weil direkt davor die Bahn hält.
Die Karli lexikalisch

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Fockeberg

Ausblick. Der Fockeberg ist mit über 150 m Höhe Leipzigs zweithöchste Erhebung. Er besteht aus den Trümmern der historischen Altstadt und bietet einen schönen Ausblick auf die neue City. 24 Angriffe hatten die angloamerikanischen Bomber seit 1942 gegen die Stadt geflogen und dabei rund 5.000 Menschen getötet. Danach lagen in der Innenstadt 40% der Wohnhäuser und 80% der Messehäuser, dazu viele Schulen, Krankenhäuser und Kultureinrichtungen in Schutt und Asche. Über zehn Jahre dauerte es, bis die Trümmer beräumt waren. Die letzte Trümmerbahn stellte erst 1956 den Betrieb ein. Heute ist der Fockeberg ein beliebter Erholungsort mit einer großen Gipfel-Wiese zum Sonnen, Grillen und Spielen. Höhepunkt des Jahres ist das internationale Seifenkistenrennen Prix de Tacot im Mai mit den Disziplinen Massenstart (Bergaufschieben), Zeitfahren (eine Runde auf dem Gipfelplateau) und Abfahrt. Dabei werden auch das Design der Gefährte, das promillegenaue Einparken, familien- und umweltfreundliche Ingenieurleistungen sowie die Lässigkeit beim Passieren der Radarfalle bewertet. Neben dem Prix de Tacot finden am Fockeberg auch Lauf- und Radsport-Wettkämpfe statt. Der Rad-Rekord bergauf liegt bei 1,24 min.
Der Fockeberg

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MDR

Fernsehen hautnah: Bei der MDR-Studiotour geht es gleich zur Sache. Im Studio 4 erleben die Besucher, wie MDR aktuell produziert wird und können sich selbst in der Rolle des Nachrichtensprechers ausprobieren. Nächste Station sind die Studios von hier ab vier. Vielleicht läuft einem dort ein echter Moderator über den Weg. Die Maler, Schlosser, Tischler und Dekorateure hinter den Kulissen sieht man im Fernsehen gewöhnlich nicht. Bei der Studiotour trifft man auch sie und kann zugleich einen Blick in den Kostüm- und Requisitenfundus werfen. Höhepunkt der Tour sind die Studios der Arztserie In aller Freundschaft. Dort können sich die Gäste für ein Erinnerungsfoto mit ihren IAF-Stars als Arzt verkleiden. Verfehlen kann man den MDR nicht. Dafür sorgt die 65 m hohe, einem Bildschirm nachempfundene Senderzentrale. Sie überragt die media-city, in der über 60 Produktionsfirmen mit vielen freien Mitarbeitern für den MDR arbeiten und das Programm füllen. Früher stand hier der Leipziger Schlachthof. Einige der Gebäude aus dem späten 19. Jh. erinnern noch daran: Der Intendant hat seinen Sitz in der alten Viehhändler-Börse und die Mitarbeiter gehen zum Essen in die einstigen Großviehställe.
MDR-Studiotour

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Panometer

Perfekte Illusion. Hinter der Wortschöpfung Panometer verbirgt sich die Präsentation von Pano (ramen) in (Gaso)metern. Die Idee dazu hatte der iranisch-deutsche Architektur-Professor Yadegar Asisi. Er war fasziniert von den Panoramen des späten 19. Jh. und noch mehr von ihrer Wirkung auf das Publikum. Dieser Zauber musste sich mit moderner Bildtechnik wiederbeleben lassen, nachdem der Film, der ihn einst zerstörte, im Alltag seinen Reiz verloren hatte. Davon war Asisi überzeugt. Und er sollte Recht behalten. Sein erstes Leipziger Projekt 2003 8848Everest360° hatte fast 500.000 Besucher. Die Aussichtsplattform war nur 7 m hoch und doch fühlte man sich dort wie auf dem Berg der Berge. 2005 folgte, ähnlich erfolgreich, Rom CCCXII mit dem triumphalen Einzug Kaiser Konstantins in die ewige Stadt und 2009, im Humboldt-Jahr, kam Amazonien als illusionistische Reise in die faszinierende Farb- und Klangwelt des Regenwalds. Den Wechsel der Bilder leitete beide Male eine furiose Dekonstruktion ein. Zuletzt rauschten Bergsteiger mit Cuttermessern an Seilen das Bild hinab, während unten die Besucher auf die herbfallenden Streifen warteten, um das Zerstörungswerk mit Farbpistolen zu beenden.
Das Panometer Leipzig

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Kohlrabizirkus

Superkuppeln. Der kuriose Name Kohlrabizirkus für die silbernen Doppelkuppeln an der Tierklinik erinnert an den einstigen Zweck des Gebäudes als Gemüse-Großmarkt. Mit ihm nahm die Stadt 1929 bereits den zweiten Anlauf, den immer größer werdenden Hunger ihrer rasant wachsenden Bevölkerung zu stillen. Die erste Halle am Roßmarkt von 1891 war schon nach drei Jahrzehnten wieder zu klein. Der Kohlrabizirkus erfüllte seinen Zweck immerhin 70 Jahre. Seit 2000 präsentiert sich seine Nordhälfte dem Namen entsprechend, innen im Zirkus-Look und wird als Mehrzweckhalle für Konzerte, Riesenpartys, Musicals und Firmenevents genutzt. Ganz anders die Südhalle. Sie wird im Winterhalbjahr zum Eisdom für Schlittschuh-Läufer. Die Stahlbeton-Kuppeln darüber waren bei ihrer Fertigstellung eine Sensation, denn mit 66 m Durchmesser übertrafen sie die Kuppeln der Hagia Sophia in Istanbul sowie die des Pantheons in Rom und waren damit die größten freitragenden Massivkuppeln der Welt. Die Fachleute staunten zudem über ihre geringe Wanddicke von gerade einmal 9 cm. Bis heute sind weltweit nur vier Kuppeln größer. Der Louisiana- Superdom in New Orleans ist mit 207 m Durchmesser allerdings gleich drei mal so groß.
Der Kohlrabizirkus lexikalisch

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Deutsche Bücherei

Hort des Geistes. Die Deutsche Bücherei wurde 1912 von der Stadt Leipzig, dem Börsenverein und dem Königreich Sachsen als Gesamtarchiv des deutschen Schrifttums gegründet. Damit hatte sie sämtliche in deutscher Sprache erschienene Literatur zu sammeln und für jedermann zugänglich zu machen. Doch diesen Auftrag erfüllte sie nur drei Jahrzehnte. 1947 entstand in Frankfurt/M. eine zweite Nationalbibliothek und gleichzeitig kamen große Teile der Leipziger Bestände unter Verschluss. Als bürgerliche Literatur wurden sie nur noch an wenige zuverlässige Personen ausgegeben. Nur Giftschein-Inhaber waren berechtigt, Giftbücher aus dem Giftschrank in einem Giftraum zu lesen. Damit war es 1990 vorbei. Die DB Leipzig wurde mit der DB Frankfurt und dem Deutschen Musikarchiv Berlin zur Deutschen Nationalbibliothek vereint. Mit fast 15 Millionen Einheiten ist Leipzig ihr größter Standort und sammelt seitdem nur noch Neuerscheinungen aus den Neuen Bundesländern und Nordrhein-Westfalen. Dafür muss jeder Verlag zwei Pflichtexemplare abliefern. Das sind für Leipzig täglich 1.300 Einheiten. Um die auch künftig archivieren zu können, wurde die DB jüngst das vierte Mal seit 1912 erweitert.
Die Deutsche Bücherei

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Alte Messe

Abtanzen. Das 27 Meter hohe Doppel-M vor dem Nordeingang der Alten Messe steht für das bekannte Logo der Leipziger M(uster)-M(esse). In den Hallen dahinter wurden ab 1920 bei Frühjahrs- und Herbstmessen schwergewichtige Industrieexponate präsentiert. Im II. Weltkrieg produzierten die Dessauer Junkerswerke hier Flugzeugteile. Dadurch wurde das Gelände zum Ziel der Luftangriffe auf Leipzig und zu 80 % zerstört. Nach dem Wiederaufbau fanden hier wieder Messen statt die letzte 1996. Seitdem verwahrlost das riesige Areal und wird für Trödelmärkte und vom Einzelhandel genutzt, als Stadtstrand oder für ein Autokino. In Halle 6 spielen die Blue Lions Eishockey, auf den Indoor- Feldern der Soccerworld trainieren die Fußballer und im Volkspalast wird abgetanzt. Der fast 100 Jahre alte Bau war einst die Halle 16 und verwandelte sich nach einer Urknall-Party 2006 in einen angesagten Riesen-Club mit Discos und Konzerten unter der Donnerkuppel, Lesungen und Kabarett im Café Muckefuck und Leute gucken auf der Café-Meile Kreisverkehr. Der verfallene Sowjetische Pavillon mit rotem Stern auf goldener Spitze soll ein Holocaust Museum werden. Doch darum wird schon seit Jahren gestritten.
Die Alte Messe

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Russische Gedächtniskirche

Freund & Feind. Die Russen waren in der Völkerschlacht die stärkste Streitmacht der Verbündeten und zahlten mit 22.000 Toten den höchsten Preis für den Sieg über Napoleon. Deshalb wurde ihnen zum 100jährigen Jubiläum der Schlacht 1913 die Gedächtniskirche gewidmet. Obwohl sich Europa bereits in zwei Lager geteilt hatte, in denen sich Deutsche und Russen feindlich gegenüber standen, verzichteten die Russen auf ein Siegesmonument und entschieden sich für einen Ort des Gedenkens. Bei der Grundsteinlegung nannte Kriegsminister Suchomlinow die Freundschaft beider Staaten noch eine Voraussetzung für den Frieden in Europa. Trotzdem brach wenig später der I. Weltkrieg aus ein Krieg, den niemand wollte. Statt der üblichen fünf Türme auf russischen Kirchen, beschränkte man sich in Leipzig nach älteren Vorbildern auf einen Turm. Er mündet in 55 m Höhe in einer vergoldete Zwiebel mit Patriarchenkreuz. Im Innern trennt eine 18 m hohe Ikonostase mit 78 Heiligenbildern den stuhllosen Gemeinderaum vom Altarraum und ein 800 kg schwerer Kronleuchter mit 70 Jaspis-Lampen schmückt den Raum. Leipzigs orthodoxe Gemeinde zählt heute etwa 300 Mitglieder: Russen, Ukrainer, Bulgaren, Griechen, Rumänen und Äthiopier.
Die Russische Gedächtniskirche

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Reudnitzer Brauerei

Kult-Bier. Das Brauhaus zu Reudnitz kann auf eine 150jährige Geschichte zurückblicken, bezogen auf das hier gebraute Sternburg reicht die Tradition sogar bis 1278 zurück. Die heutige Erfolgs- Marke hat ihre Wurzeln auf dem Rittergut des Kunstsammlers Maximilian Speck von Sternburg in Lützschena und steht für das meistverkaufte Bier in Ostdeutschland. Obwohl das Bier nicht beworben wird, ist das Sterni Kult. Ein regelmäßig erscheinendes Fan-Magazin gleichen Namens beweist es. Darüber hat die Brauerei nicht vergessen, woher sie kommt. Mit der Premium- Marke Reudnitzer bekennt sie sich genauso zu Leipzig wie als Sponsor von regionalen Kulturund Sportevents. Auch deshalb protestierten die Leipziger 1997 mit über 45.000 Unterschriften gegen die drohende Abwicklung. Schließlich war Reudnitz mal Stammsitz der viertgrößten Brauerei Deutschlands und bis zum II. Weltkrieg Marktführer in Mitteldeutschland. Die Verbundenheit der Leipziger mit ihrer Brauerei fand sich jüngst sogar in der Literatur wieder. Der Reudnitzer Jungpoet Clemens Mayer würdigte sie 2006 in seinem Nachwende-Bestseller Als wir träumten. Auch darauf sind die Reudnitzer stolz und führen gerne Besucher durch die Brauerei.
Die Reudnitzer Brauerei

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Haus des Buches

Mythos. Vor dem Krieg war Leipzig mit über tausend Buchhandlungen, -bindereien und -druckereien sowie über 400 Verlagen Deutschlands Bücher-Hauptstadt. Nicht zufällig hatten sich diese Betriebe seit dem späten 19. Jh. zwischen den wichtigsten Bahnhöfen der Stadt im Graphischen Viertel angesiedelt. Mit Namen wie Brockhaus (Querstr. 18), Reclam (Inselstr. 20/22), Insel (Kurze Str. 7 überbaut), Teubner (Poststr.3), Seemann (Prager Str. 13), Edition Peters (Talstr. 10), Breitkopf & Härtel (Bauhofstr. 3/5) oder Hofmeister (Büttnerstr. 10) arbeitete hier die deutsche Verleger-Elite in repräsentativen Bauten. Beim Luftangriff vom 4.12.1943 wurde das Viertel zu 80 % zerstört und es verbrannten 50 Millionen Bücher. Nach 1945 gingen die Verleger in den Westen und ihre Maschinen verschwanden nach Russland. Trotzdem erlebte das Viertel noch einmal einen bescheidenen Aufschwung. Den Todesstoß versetzte ihm erst die Wiedervereinigung. Heute bewegt sich der Anteil der Leipziger Verlage am Branchenumsatz im Promille-Bereich und die Buchstadt Leipzig ist nur noch ein Mythos. Das Haus des Buches pflegt ihn mit literarischen Veranstaltungen. Es steht dort, wo bis zum Krieg das Buchhändlerhaus stand.
Das Haus des Buches

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Johannis-Friedhof

Tote Promis. Der Alte Johannisfriedhof gehörte zu einer gleichnamigen Kirche und war seit dem 16. Jh. Leipzigs einziger Friedhof, so dass man hier auch die Gefallenen von 1756 und 1813 beisetzte in anonymen Massengräbern. Als berühmtester Toter des Friedhofs galt der Moralphilosoph und Bestseller-Autor Christian Fürchtegott Gellert (17151769). Doch als 1894 die Neue Johanniskirche gebaut wurde, besann man sich, dass hier auch Bach liegen müsste. Von den beiden Männer-Skeletten, auf die man an dem nur mündlich überlieferten Ort stieß, entschied man sich für das besser erhaltene. Ob es wirklich Bachs Gebeine waren, ließ sich nie restlos klären. Zunächst wurden sie mit den Gebeinen Gellerts in der neuen Kirche beigesetzt. Nach dem Krieg zog Gellert auf den Südfriedhof und Bach in die Thomaskirche. Etwa 400 Grabmale, darunter knapp 60 umgesetzte, zeugen heute noch von Leipzigs früherer Bestattungskultur. Sie gehören großen Kaufmanns-, Bankiers- und Verlegerfamilien, Kätchen Schönkopf (Goethes Jugendliebe), Richard Wagners Mutter und Schwester, dem Komponisten des Liedes Das Wandern ist des Müllers Lust Carl Zöllner, der Frauenrechtlerin Luise-Otto Peters oder dem Industriellen Karl Heine.
Der Alte Johannisfriedhof

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Schumann-Haus

Musiker-Liebe. Das Schumann-Haus ist eines der wenigen erhaltenen klassizistischen Gebäude Leipzigs. Trotzdem war es vom Einsturz bedroht, bevor es 1999 saniert wurde. Berühmt ist es, weil hier Robert Schumanns Kampf um Clara Wieck ein glückliches Ende fand. Claras Vater, Roberts Klavierlehrer, wollte eine Ehe der beiden mit allen Mitteln verhindern. Schumann bekam die Erlaubnis erst, nachdem er sie per Gerichtsentscheid erzwungen hatte. Seit der Hochzeit in der Schönefelder Dorfkirche genoss das junge Paar hier die Freuden der Liebe sowie die gegenseitige Inspiration und litt unter den Spannungen, die aus Claras Belastung als berühmte Pianistin, Hausfrau, Komponistin, Mutter und Konzertmanagerin sowie aus Roberts Empfindsamkeit und seinen gelegentlichen Eifersüchteleien erwuchsen. Hier entstanden Schumanns Frühlingssinfonie, seine Liederzyklen und das Oratorium, das den Schwiegervater wieder versöhnte. Daneben pflegten die Schumanns einen großen Freundeskreis und empfingen Gäste wie Mendelssohn Bartholdy, Chopin und Liszt. Heute beherbergt das Haus neben den musealen Wohnräumen eine musische Grundschule und lädt regelmäßig zu Konzerten, Lesungen und Vorträgen im Schumannsaal ein.
Das Schumann-Haus

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Grassi-Museum

Dreierpack. Leipzig hat nach über 60 Jahren sein berühmtes Grassi-Museum wieder. Dafür wurde es seit 2001 rekonstruiert. Anschließend kehrten das Völkerkunde-Museum, die Musikinstrumenten- Sammlung und das Museum für Angewandte Kunst in ihr neues, altes Domizil zurück. Damit sind hier wieder Rundgänge durch die Kulturen der Welt von den Inuit bis zu den Aborigines möglich, man kann an 5.000 Instrumenten vom Hammerklavier bis zur Stockgeige die Suche nach dem vollendeten Klang verfolgen oder sich an der kreativen Gestaltung von 90.000 Gebrauchsgegenständen aus allen Kulturepochen und -regionen erfreuen. Alle drei Museen haben ihren Ursprung in bürgerlichen Sammlungen und Schenkungen des späten 19. Jh. Selbst der Bau wurde von einem Privatier finanziert. Der Kaufmann F.D. Grassi hatte der Stadt seine Millionen vermacht und sie damit reicher beschenkt als irgendjemand davor oder danach. Daran erinnert der Name des Museums. Seit seiner Zerstörung 1943 konnte es seine Schätze nur noch in Provisorien oder gar nicht mehr zeigen, weil sich die SED-Führung nicht in der Lage sah, die Kriegsschäden zu reparieren. Ein läppischer Heizungsschaden bot 1981 den Anlass, das Haus endgültig zu schließen.
Das Grassi-Museum

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Mendelssohn-Haus

Schatzgräber. Möbelhaus oder Abriss das war 1991 die Alternative für das letzte Wohnhaus Mendelssohn Bartholdys, so dass Gewandhaus- Kapellmeister Kurt Masur eine internationale Stiftung für seine Rettung gründete. Heute ist die 8-Zimmer-Wohnung in der Bel Etage, in der der Musiker 1847 mit 38 Jahren starb, ein Museum. Teilweise original möbliert, veranschaulicht es das Leben seiner letzten beiden Jahre. Der gebürtige Hamburger und Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn begründete als Gewandhaus-Kapellmeister den internationalen Ruf des Orchesters. Dafür richtete er 1843 das erste deutsche Konservatorium ein und setzte eine gute Bezahlung der Musiker durch. Für seine Historischen Concerte holte er die Orgel aus der Kirche in den Konzertsaal und machte auf versunkene Schätze aufmerksam, darunter auf die Matthäus-Passion. Ihre Wiederaufführung 100 Jahre nach der Erstaufführung löste europaweit eine Bach-Renaissance aus, die Mendelsohn mit der Stiftung des ersten Leipziger Bach-Denkmals (heute Dittrichring) förderte. Aber er komponierte auch, gab Orgel-Soli, malte und pflegte einen großen Freundeskreis. Dessen Hausmusiken leben jeden Sonntag bei den Konzerten im Museums wieder auf.
Das Mendelssohn-Haus

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Ring-Café

Sächsische Moderne. Über 700.000 Einwohner zählte Leipzig in den 1920er Jahren und der Leiter des Hochbauamtes, Hubert Ritter, ging davon aus, dass die Stadt mit der nächsten Konjunktur weiter wachsen würde. Das barg die Gefahr, dass neue Unterzentren entstanden, gegen die er die Innenstadt mit einer Ring-City stärken wollte. Achtgeschosser sollten sich in Bögen um das Zentrum legen und Turmhäuser die sternförmigen Zufahrtsalleen betonen. Letztlich wurde davon nur das Europahaus am Augustusplatz gebaut. Doch in den 50er Jahren kramte man die alten Pläne wieder hervor. Sie entsprachen dem Leitbild der sozialistischen Stadt durch ihre moderne Großzügigkeit. An der kosmopolitischen Nüchternheit der Architektur stieß man sich dagegen und kaschierte sie mit sächsischem Neobarock. Ähnlich stand auch Schinkels Klassizismus in der Berliner Stalin- Allee Pate für die nationale Note des besseren Deutschlands. Doch die Leipziger interessierten sich vor allem für das Ringcafé. Mit 540 Plätzen und einer riesigen Terrasse im ersten Stock war es bei seiner Eröffnung 1956 die größte Tanzdiele Deutschlands. Aufgeladen mit den Träumen und Erinnerungen seiner Gäste ist es bis heute eine Legende.
Das Ring-Café

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