Tour auf Google Maps ansehen

Stasi, Sex und Schrebergarten

Schauspielviertel

Denkmal + Szene. Nach der Eröffnung des Waschsalons Maga Pon Anfang der 90er siedelten sich in den meist stark sanierungsbedürftigen Nachbarhäusern auf der Gottschedstraße weitere Kneipen an, die durch die Nähe zum Schauspiel schnell zu Szenetreffs wurden. Bald zogen Diskotheken, Bars und Spezialitätenrestaurants nach und das ergab einen Mix, der als Schauspielviertel zur beliebten Ausgeh-Adresse wurde. Jährlicher Höhepunkt des Quartiers ist das von den Wirten selbst organisierte Straßen- und Kunstfest Zinnober. An der Ecke Zentralstraße markieren 140 leere Bronzestühle die Stelle, an der seit 1855 Leipzigs größte Synagoge stand. Obwohl damals nur 80 Juden in Leipzig lebten, bot sie 1.600 Plätze für die vielen jüdischen Messegäste. 70 Jahre später gab es knapp 20 Betstuben und Synagogen in der Stadt und die Gemeinde war mit 13.500 Mitgliedern eine der größten und einflussreichsten im ganzen Reich. Trotzdem überstand nur die Brodyer Synagoge einigermaßen unbeschadet die Reichsprogromnacht von 1938. Doch 1942 verstummten auch dort die Gebete. Nach Kriegsende wurde der Raum in der Keilstraße erneut geweiht. Bis heute ist er der Mittelpunkt der wieder 1.200 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde.
Party ohne Sperrstunde

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Stargayte

Erotik. In Sachen Erotik hat Leipzig nicht viel zu bieten. Einziges Highlight ist das Stargayte im Schauspielviertel. Die Schwulen-Sauna nennt sich selbst Deutschlands größtes Gay-Badehaus und profitiert von der Nachbarschaft des Gay Cruising Kinos united. Daneben gibt es für Schwule noch ein halbes Dutzend weiterer Treffs, darunter das Cocks, den Havanna-Club oder das Traditionslokal Blaue Trude. Verglichen mit anderen Großstädten ist das eher bescheiden und die Szene überschaubar. Das gilt auch für die Gelüste der Heteros. Da Leipzig kein Vergnügungsviertel hat, verteilen sich ein halbes Dutzend Bordelle in der ganzen Stadt. Dazu bieten etwa 500 Frauen ihre Sex- Dienste in Wohnungen an und 60, meist drogensüchtige Frauen schaffen an der Nordstraße an. Probleme haben Ordnungsamt und Polizei damit kaum. Das war zu DDR-Zeiten noch anders. Da war Leipzig zwei Mal im Jahr zur Messe das Lustzentrum des ganzen Landes. Dafür sorgten Frauen und Schwule, die mit vollem Körpereinsatz in Bars und Hotels schnell viel Westgeld verdienen wollten. Für die Stasi war das jedes Mal eine Katastrophe. Die lückenlose Überwachung, die Stasi-Chef Mielke immer wieder einforderte, ließ sich nie realisieren.
Stargayte

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Kunsthalle der Sparkasse

Könner. Wie andere Handelsstädte auch, war Leipzig in seiner langen Geschichte für alles Mögliche berühmt, nur nicht für seine Kunst. Das änderte sich erst in den 90er Jahren und mündete in den bis heute anhaltenden Erfolg der Neuen Leipziger Schule. Paradoxerweise ist dies der SED zu verdanken. Ihr vermessener Wahrheits- und Realismus- Anspruch forderte handwerkliche Meisterschaft und brachte einen Künstlertyp hervor, wie ihn zuletzt das späte 19. Jh. kannte Persönlichkeiten mit einem umfassenden, die Kunst übersteigenden Gestaltungswillen. Nicht zufällig wurden Werner Tübke oder Bernhard Heisig Malerfürsten genannt. Dieser Background verschaffte ihren Schülern einen großen Vorsprung, als traditionelle Malerei international plötzlich wieder gefragt war. Dies früh erahnt zu haben, ist das Verdienst der Sparkassen Kunsthalle. Seit 1993 sammelt sie Leipziger Kunst von 1945 bis in die Gegenwart mit Schwerpunkt Leipziger Schule und verfügt inzwischen über 2.500 Gemälde, Grafiken, Fotos und Skulpturen von 150 Künstlern. Seit 2001 werden sie in jährlich wechselnden Ausstellungen gezeigt. Viele Arbeiten der Jüngeren erschließen sich leicht und hintersinnig zugleich einem breiten Publikum.
Kunsthalle der Sparkasse

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Pfeffermühle

Lachen. Leipzig hat mehr Kabaretts pro Kopf als jede andere deutsche Stadt und gilt als Sachsens Kabaretthochburg. Die Pfeffermühle wurde bereits 1954 gegründet und ist damit das älteste Kabarett der Stadt. Gegen den Trend der flotten one-man-stand-ups hält sie am gepfefferten aktuell-politischen Ensemble-Spiel fest. Ähnlich arbeiten die fast genauso alten Academixer in der Kupfergasse 3 mit Gunter Böhnke und Bernd- Lutz Lange in ihrem Art-Déco-Keller. Die 1990 gegründete Funzel in der Strohsack-Passage firmiert als Gastronomie-Theater und präsentiert neben eigenen Programmen viele Gäste. Genauso alt ist Sanftwut. Dort sorgen Moni, Manni und Mirko für gute Laune und machen dazu Musik auf allem, was nicht dafür gemacht ist. Im Brettl im Lindenauer Gambrinus durchleuchtet Steffen Lutz Matkowitz die sächsische Seele. Und in der jüngsten Bühne, dem Central- Kabarett über dem Restaurant Barfusz, Markt 9, strapazieren Meigl Hoffmann und Karsten Wolf die Lachmuskeln. In geballter Form präsentiert sich die Leipziger Kabarett-Szene jedes Jahr im Oktober auf der 11tägigen Lach-Messe. Der Kabarett- und Kleinkunst-Wettbewerb um den Leipziger Löwenzahn gilt als einer der größten der Welt.
Leipziger Pfeffermühle

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Runde Ecke

Ostalgie? Runde Ecke Schreckenshaus, wann wird ein Museum draus drang es Anfang November ´89 bei den Montagsdemos zu den Stasi- Offizieren in der Bezirksverwaltung des MfS herauf. Den einen mag dabei Todesangst beschlichen, den anderen die blinde Wut gepackt haben. Doch die Besetzung des Hauses am Abend des 4. Dezember verlief friedlich, ohne Lynchjustiz und Märtyrer. 10 Kilometer Akten und 3,7 Millionen Karteikarten stellte das spontan gegründete Bürgerkomitee sicher, während die Menge draußen jubelte und So ein Tag, so wunderschön wie heute sang. Im August 1990 war die Runde Ecke wirklich ein Museum. Und das ist sie heute noch. Die Ausstellung macht in 17 Räumen das System kenntlich, das hinter der diffusen, allgegenwärtigen Bedrohung steckte. Dabei sind es nicht die peinlichen Techniken und Methoden der Bespitzelung, die den Besucher erschüttern. Und es sind noch nicht einmal die Schicksale einzelner Opfer. Es ist vielmehr das Gefühl, dass es jeden treffen konnte. Die Totalität der Kontrolle, der Aufwand, der dafür getrieben wurde und die jedes Recht mit Füßen tretende Allmacht der Stasi sind es, die immer noch Schaudern machen. Der Rundgang endet vor einer Ostalgie-Vitrine.
Homepage des Bürgerkomitees Leipzig e.V

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Naturkundemuseum Leipzig

Das Naturkundemuseum dokumentiert die Naturgeschichte Nordwestsachsens und empfängt den Besucher mit einer geologischen Uhr. Sie zeigt, wie lange es her ist, dass hier Vulkanausbrüche den Himmel verdunkelten, wann die Gegend im Meer versank, wie die Braunkohle entstand und wann schließlich das Eis vom Nordpol bis hierher vordrang. Dazu belegen Fossilien aus den umliegenden Tagebauen, was für unglaubliche Tiere einst hier lebten, darunter nicht nur Nashörner sondern auch Schweine mit Zähnen, vor denen heute jeder Tiger flüchten würde. Schließlich belegen Faustkeile und Scherben, Schmuck und Waffen, wie der Mensch das Land eroberte, wie eine Kultur auftauchte und wieder verschwand, bis eine neue kam. Die zweite Etage ist ganz den Pflanzen und Tieren von heute gewidmet. Viele Tiere werden dabei in Dioramen in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt. Für Fachleute ist vor allem die Sammlung des Präparators Hermann H. ter Meer interessant. Denn er erfand Ende des 19. Jh. die Dermoplastik, bei der die Tierhaut nicht mehr einfach ausgestopft, sondern auf einen nachgestalteten Körper gezogen wurde. Dadurch kann das Museum heute noch Tiere zeigen, die wie der Riesenalk längst ausgestorben sind.
Homepage des Naturkundemuseums Leipzig

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Zoo

Gondwanaland. Um den Umsatz seines Biergartens anzukurbeln, bestellte Gastwirt Ernst Pinkert 1876 bei Hagenbeck in Hamburg 15 Krokodile. Nachdem die nur vorübergehend Gäste anlockten, bot er exotische Völkerschauen, menschliche Abnormitäten, Zirkusnummern und Ringkämpfe. Von den Einnahmen kaufte er weitere Tiere, bis er die erste Elefantenkuh und die ersten Löwen zeigen konnte. Diese Löwen sollten sein Markenzeichen werden. Pinkert züchtete und verkaufte sie erfolgreich und seine Mitarbeiterin Clara Huth wurde als Löwen-Dompteuse weltberühmt. Trotzdem ging ihm das Geld aus, so dass sein Zoo 1901 eine Aktiengesellschaft wurde. Das frische Geld floss in neue Tierhäuser und ein Gesellschaftshaus, die bis heute die Anlage prägen. Einen guten Namen hat der Zoo als Pionier der artgerechten Haltung schon seit den 20er Jahren. Mit dem weltgrößten Menschenaffenhaus Pongoland, der Tiger-Taiga und der Kiwara-Savanne wurde er diesem Ruf erneut gerecht. Die Zukunft heißt Gondwanaland, nach dem Urkontinent, der sich in Afrika, Südamerika und Asien teilte. Dort sollen die Tiere nicht mehr systematisch, sondern in ihren natürlichen Lebensräumen gezeigt werden, die man auf Abenteuer-Touren erkunden kann.
Homepage des Zoos

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Tübke-Villa

Kurz mal weg. Werner Tübke sah sich als Renaissance- Mensch und ihm gefiel die Idee, er habe schon einmal als Mönch in einem toskanischen Kloster gelebt. Seine Klause in Leipzig war die Villa in der Springerstraße. Fast 30 Jahre lang stieg er hier jeden Morgen Punkt acht die Treppe zu seinem Atelier hinauf, schaltete das Radio ein, zog den weißen Kittel über und begann zu malen, wie die Vögel singen. Spätestens seit Fertigstellung seines 123 m langen und 14 m hohen Bauernkriegs-Panoramas in Bad Frankenhausen 1987 galt er als populärster Maler der DDR. 11 Jahre lang hatte er daran gearbeitet. Die Kritik pries das mit 3.000 Figuren bevölkerte Bild als altmeisterliche Allegorie auf die Tragik jeder Utopie. Nach Tübkes Tod, 2004, erwarb sein Galerist Karl Schwind das Haus und verlegte seinen Hauptsitz ins Erdgeschoss. Darüber richtete sich die Tübke-Stiftung ein. Sie zeigt über 300 Arbeiten aus dem Besitz der Witwe, neben Gemälden und Aquarellen vor allem Zeichnungen und Druckgrafiken. Darunter sind Bilder des 7jährigen Knaben Tübke und sein letztes Werk. Arbeitsmaterialien und private Gegenstände wie Tübkes legendäre Pfeife vermitteln den Eindruck, als käme der Maler jeden Moment zurück.
Homepage der Tübke-Stiftung

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Gosenschenke "Ohne Bedenken"

Goseanna! Die Berliner haben ihre Weiße, die Kölner ihr Kölsch, die Düsseldorfer ihr Alt und die Bayern ihr Weizen alles obergärige Altbiere, wie sie weltweit getrunken wurden, bis 1876 die Kältemaschine erfunden wurde. Erst damit traten die untergärigen Pils- und Exportbiere ihren Siegeszug an. In Leipzig heißt das Altbier Gose und ist ein Kulturgut ersten Ranges, denn es erinnert die Leipziger an die Blüte ihrer Stadt um 1900, als sich Leipzig noch Gosestadt nannte. Da war die Gose noch das meistverkaufte Bier. Gebraut wurde sie auf einem Rittergut bei Halle nach einem Rezept, mit dem sich 1824 ein Brauknecht aus Goslar dort eingekauft hatte. Nachdem der Betrieb 1945 enteignet wurde und andere Brauer scheiterten, lebte Leipzig seit 1966 auf Entzug ein Trauma, das sich tief eingrub. Die Wiedereröffnung der alten Gosenschenke Ohne Bedenken 1986 durch den Designer Lothar Goldhahn wurde deshalb als kulturelle Großtat gefeiert und gleichermaßen als privatkapitalistisches Experiment beargwöhnt. Ersttrinkern sei zunächst die Gose pur empfohlen. Die Frauenfreundliche mit Kirschlikör ist lieblicher, der Regenschirm mit einem Kümmel würziger. Angestoßen wird mit Goseanna!
Homepage der Gosenschenke "Ohne Bedenken"

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Gohliser Schlösschen

Kulturhaus. Sachsen ist durch den augusteischen Barock geprägt. Das ihm nachfolgende Rokoko galt dagegen im 19. Jh. als Hungerstil und blieb deshalb nur in wenigen Bauten erhalten. Eines der schönsten Beispiele dafür ist das Gohliser Schlösschen. Errichtet wurde es 1756 von dem reichen Kaufmann und Ratsbaumeister Johann Caspar Richter. Nach seinem Tod heiratete seine Witwe einen Geschichtsprofessor und kursächsischen Hofrat, der 1771 die Ausmalung des Festsaals mit dem Lebensweg der Psyche durch Adam Friedrich Oeser, den ersten Direktor der Leipziger Zeichenakademie, in Auftrag gab. Dass hier auch der Freundeskreis um den Juristen Christian Gottfried Körner verkehrte, zu dem auch Schiller zählte, ist nicht belegt. Doch da war das idealistische 19. Jh. nicht kleinlich. Ihm reichte schon der Schiller-Verdacht, um das Schloss zum Musenhof am Rosental zu erklären. Unter Oberbürgermeister C. F. Goerdeler wurde das Gebäude saniert und 1935 als Kulturhaus wiedereröffnet. Bis heute werden hier Konzerte aufgeführt, Lesungen gehalten und Ausstellungen gezeigt. Dazu lädt ein Restaurant ein und es werden Führungen angeboten. Höhepunkt im Sommer sind die Theateraufführungen auf der Freilichtbühne.
Homepage des Gohliser Schlösschens

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Schillerhaus

Freude. Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, heisere Schreie, Frauen einer Ohnmacht nahe. So schildert ein Augenzeuge die Wirkung von Schillers Räubern 1782 auf das Mannheimer Publikum. Trotz dieses Erfolgs war der 25jährige Dramatiker 1785 hoch verschuldet und auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Da luden ihn fremde Verehrer nach Leipzig ein und brachten ihn in einem Haus unter, in dem schon ein anderer Sommerfrischler wohnte. Gastgeber war Christian Gottfried Körner er wurde Schillers lebenslanger Freund und Mäzen. Der Nachbar war Georg Joachim Göschen er wurde Schillers Verleger. Beide halfen ihm aus der Geldnot. Schiller arbeitete am Don Carlos und schrieb beglückt die Ode an die Freude. Dennoch gäbe es das Haus heute sicher nicht mehr, hätte es Robert Blum 1841 nicht wiederentdeckt. Er gründete einen Schiller-Verein und legte damit einen von vielen Samen für die Revolution, die ihn 1848 zum Märtyrer und Mythos machte. Zu den Exponaten des Museums gehört Schillers Weste. Mit dem Spottgedicht Shakespeares Strümpfe aus Anlass des Erwerbs dieser Weste weckte der junge Fontane das Interesse eines Leipziger Verlegers und verschaffte sich so Zutritt zur literarischen Welt.
Homepage des Schillerhauses

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Rosental

Mücken und Räuber. Das Lokal Mückenschlösschen erinnert daran, wie Leipzigs Ratsherren August den Starken einst davon abbrachten, sich ein Schloss für seine Messebesuche im Rosental bauen zu lassen. Da sie den Spaß bezahlen sollten, behaupteten sie, dort wimmele es nur so vor Mücken und Räuberbanden. Obwohl der Bauplatz mit der heutigen Picknick-Wiese und die Sichtachsen bereits angelegt waren, gab der Kurfürst den Plan auf. Beliebtes Ziel der Spaziergänger ist heute der Rosentalhügel wegen seines Aussichtsturms und seiner Rodelbahn. Im Nordwesten geht der Park in den Auenwald über, in dem sich das Frühjahr mit dem Knoblauchduft des Bärlauchs ankündigt. Doch die Auen-Landschaft ist bedroht. Durch die Flussregulierungen der Vergangenheit und die Braunkohlentagebaue sank das Grundwasser und der Boden trocknete aus. Ein Wiedervernässungsprojekt soll dem abhelfen. Schlimme Erinnerungen an das Rosental hatte Karl May, denn er wurde hier verhaftet. Als Dieb, Betrüger und Hochstapler steckbrieflich gesucht, hatte er sich unter falschem Namen am Thomaskirchhof eingemietet, sich vom Brühl einen Pelz bringen lassen und war damit geflüchtet. Das brachte ihm vier Jahre Zuchthaus in Zwickau.
Das Rosental lexikalisch

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Waldstraßenviertel

Gründerzeit. Das Waldstraßenviertel repräsentiert als Gründerzeit-Quartier in seltener Geschlossenheit die Architekturentwicklung des späten 19. Jh. Trotzdem sollten seine 550 Häuser Ende der 80er Jahre Plattenbauten weichen, weil ihre Sanierung zu teuer war. Inzwischen wurden die meisten Häuser saniert und stehen unter Denkmalschutz. Heute ist das Viertel ein zwar schmuckes, aber eher ruhiges Wohngebiet. Früher versorgten hunderte Einzelhändler die etwa 20.000 Bewohner und auf den Hinterhöfen arbeiteten Handwerker und kleine Fabriken. Viele der Gewerbetreibenden waren Ost-Juden, die dem Ruf der Freiheit gefolgt waren. Denn in Sachsen waren die Juden seit 1869 den Christen gleichgestellt. Keine andere sächsische Stadt versprach so gute Geschäfte. Und im neuen Waldstraßenviertel fand sich leicht eine freie Wohnung. Das führte dazu, dass es hier mit einem Bevölkerungsanteil von 12 % fast zehn mal mehr Juden gab als in der übrigen Stadt. Die Leipziger nannten die Gegend deshalb auch Klein-Jerusalem. Dass viele Juden wohlhabend waren, stärkte den guten Ruf des Viertels und das wiederum zog viele Promis an, darunter August Bebel, Max Beckmann, Albert Lortzing, Gustav Mahler und Joachim Ringelnatz.
Homepage des Bürgervereins Waldstraßenviertel

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Sportforum

Hexenkessel. Genau 100 Jahre nach der Gründung des Deutschen Fußballbunds in Leipzig wurde im Januar 2000 der Grundstein für das neue Zentralstadion gelegt und damit früh genug, um 2006 fünf Spiele der Fußball WM in dem Neubau austragen zu können. Sein geschwungenes Dach überragt den Wall des alten Zentralstadions. Der wurde 1956 aus Trümmern aufgeschüttet und schrieb als Schüssel der Hunderttausend und größtes Stadion Deutschlands Fußballgeschichte. Deshalb wurde er auch nicht einfach abgeräumt, sondern in den Neubau integriert. Die alte Wallkrone dient jetzt als Rundgang, von dem aus die höchstens noch 45.000 Besucher über Brücken auf die Ober- und Unterränge im Innern des Neubaus gelangen. Dort folgen die Sitzreihen in grün und blau dem Schwung der La-Ola-Wellen und repräsentieren die beiden heimischen Clubs und Erzrivalen: die Grün-Weißen des FC Sachsen und die Blau-Gelben des 1. FC Lok. Die Festwiese vor dem Stadion fasst bei Großevents bis zu 75.000 Menschen. In der Multifunktionshalle Arena Leipzig gegenüber finden seit 2002 bei Pop- Konzerten bis zu 12.000 und bei Sportereignissen bis zu 8.000 Gäste Platz. Die Arena wird aber auch für Kongresse und Firmenfeiern genutzt.
Homepage des Sportforums

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Stadthafen

Klein Venedig. Seit 1990 glaubt Leipzig mehr denn je an seinen ältesten Lieblingstraum, Hafenstadt zu werden. Symbol dafür ist das Projekt Stadthafen am westlichen Innenstadtrand. Von hier aus soll man auf fünf Hauptrouten durch die City, ins Neuseenland und über die Saale bis in die Nordsee paddeln können. Sogar kleine, flachgehende LeipzigBoote für Passagiere mit Elektromotor sollen dort verkehren. Tatsächlich ist Leipzig mit 211 Flusskilometern, darunter die Pleiße, die Weiße Elster und die Parthe, eine Wasserstadt. Nur sah man davon lange nichts. Wurde in den Flüssen noch bis ins 20. Jh. gebadet, gerudert und gepaddelt, verkamen sie durch die Industrialisierung seit den 30er Jahren mehr und mehr zu stinkenden Kloaken, wurden verrohrt, kanalisiert und abgedeckt. Mitte der 90er begann die Stadt, ihre Flüsse und Mühlgräben wieder zu öffnen und zu renaturieren für die Erholung, den Hochwasserschutz und die Quartiersentwicklung. In Plagwitz ist der Wassersport schon wieder auf dem Vormarsch. Für das übrige Netz müssen noch mehrere Kilometer Kanal gebaut, Flussabschnitte vertieft, Schleusen errichtet und Wehre angepasst werden. Bis zum Stadthafen in Klein-Venedig ist der Weg noch weit.
Touristischer Gewässerverbund Leipzig

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Forum Thomanum

Forum Thomanum. Als einer der ältesten und erfolgreichsten Chöre der Welt ist der Thomanerchor Leipzigs Aushängeschild. Und das soll er bleiben. Deshalb bekommt der Knabenchor bis zu seinem 800jährigen Jubiläum 2012 mit dem Forum Thomanum ein neues Zuhause. Dahinter steht die Idee eines musikalischen Bildungszentrums rund um die Thomasschule, das Alumnat (Internat) und die Lutherkirche mit Kita, Grundschule, Jugendakademie, Jugendherberge, Probenzentrum und einer unterirdischen Turnhalle. Der Ruhm des Chores gründet sich auf seine namhaften Kantoren, allen voran Johann Sebastian Bach. Er verfasste in Leipzig den Hauptteil seines musikalischen Werkes und prägt das Repertoire bis heute. Bekannt wurden die Thomaner aber auch durch ihre Konzertaufzeichnungen und regelmäßige internationale Tourneen. Dabei folgt aus dem hohen musikalischen Anspruch eine enorme Mehrfachbelastung durch Schule, Proben und Konzertverpflichtungen für die etwa 100 Chorknaben von 9 bis 18 Jahren. Zu bewältigen ist sie nur durch klare Strukturen. Dafür sorgt ein gleichermaßen gepriesenes wie gescholtenes pädagogisches Konzept, das auf Hierarchie, Selbstkontrolle und Eigenverantwortung setzt und nur wenige Erzieher braucht.
Homepage des Forum Thomanum

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Schrebergarten-Museum

Kleingarten-Hauptstadt. Der Leipziger Arzt Dr. Moritz Schreber entwickelte um 1850 mechanische Apparate zur Korrektur von Fehlhaltungen bei Kindern und wollte ähnlich auch ihr Fehlverhalten korrigieren. Dafür erfand er ein Antimasturbations- Gerät und empfahl zur Triebabfuhr Kaltwasser-Klistiere, Gymnastik, Gartenarbeit und Holzhacken. Was sich heute martialisch anhört, war damals der Reflex auf die sozialen Folgen der beginnenden Urbanisierung. Schrebers Forderung nach Spielplätzen wurde erst nach seinem Tod von Leipziger Pädagogen aufgegriffen. Sie gründeten 1865 einen Schreber-Verein, richteten im Johannapark einen Spielplatz ein und umgaben ihn mit Beeten. Doch die Kinder hatten keine Lust zum Unkrautzupfen, so dass dies schon bald die Eltern übernahmen. Als der Verein 1875 an seinen heutigen Standort umzog, wurden aus den Beeten Parzellen mit Lauben und in dieser Form trat der Schreberverein seinen Siegeszug an. Im ersten Vereinshaus dokumentiert seit 1996 das Deutsche Kleingartenmuseum die Geschichte der Bewegung. Die schwächelt inzwischen auch in Leipzig. Doch mit 7,5 Parzellen auf 100 Einwohner gibt es hier immer noch mehr Kleingärtner als in jeder anderen deutschen Stadt.
Moritz Schreber

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Psychiatrie-Museum

Verrückt. Das Sächsische Psychiatriemuseum stellt Sachsens Verrückte und ihre Psychiater vor. Dazu gehört der Gerichtspräsident Paul Schreber, der mit seinen Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken bis heute der meist zitierte Patient ist. Schuld an seinen Problemen war die schwarze Pädagogik seines Vaters Moritz Schreber, der als Namensgeber der Kleingartenbewegung berühmt wurde. Auch der Psychiater Julius Möbius war einst bekannt. Er erklärte sich den physiologischen Schwachsinn des Weibes aus dem Vorteil für die Arterhaltung und schrieb ein Buch darüber. Das wurde mit jeder Auflage dicker, weil er die Proteste der Frauen gleich mit abdruckte. Auch Schumann, Grabbe und Nietzsche wurden in Leipzig verrückt, weil sie sich hier die Syphilis holten. Nietzsches Zustand hatte für Richard Wagner eine andere Ursache. Er glaubte, sein Freund onaniere zu viel und petzte dies dem Arzt. Erster Psychiatrie-Professor der Welt war August Heinroth. Er glaubte, falsche Lebensführung mache geisteskrank. Deshalb erklärte er den verwirrten Witwenmörder Woyzeck für schuldfähig, so dass der 1824 geköpft wurde. Diese und andere Geschichten erzählen die Museums- Mitarbeiter auch bei einem Stadtrundgang.
Sächsisches Psychiatrie-Museum

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Palmengartenwehr

Entenrennen. Das Palmengartenwehr, benannt nach dem einstigen Palmengarten nebenan, ist Leipzigs Wasserknoten. Bei Hochwasser staut sich hier das Wasser. Das hieß früher Land unter! für Teile der Westvorstadt und des Waldstraßenviertels. Deshalb wollte man den Fluss schon seit 1850 bändigen. Doch erst nach dem Jahrhunderthochwasser 1909 folgten dem auch Taten. Leider erwies sich das neue Elsterbecken schon bei seiner Fertigstellung 1925 als Fehlplanung. Bis heute schüttet jedes Hochwasser darin Inseln auf, weil der gebremste Fluss hier alles fallen lässt, was er mitbringt. Stauraum bietet das Becken somit kaum. Dagegen soll in Zukunft ein Trick helfen: Das Becken wird nur noch im Notfall geflutet und dann im Schwall abgelassen, damit das Wasser den Schlamm mitreißt. Bei normalen Verhältnissen soll der Fluss wieder durch alte Arme am Becken vorbei fließen. Beim Leipziger Wasserfest im Sommer ist das Palmengartenwehr jedes Jahr Ziel eines 300-m-Entenrennens mit bis zu 10.000 gelben Gummienten. Veranstalter ist der Wasserstadt- Leipzig e.V., der sich für den Durchstich des Karl-Heine-Kanals zur Saale einsetzt. Die Adoption einer Ente kostet 3,00 a und der Erlös dient einem guten Zweck.
Palmengartenwehr und Elsterbecken

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Karl-Heine-Denkmal

Pionier. Dem Gutsbesitzersohn Karl Heine verdankt die Handelsstadt Leipzig, dass sie auch zur Industriestadt wurde. Als Heine um 1840 Jura studierte, war gerade die erste Ferneisenbahn eröffnet worden und niemand ahnte, dass damit eine Revolution begann. Heines Promotion über die Nutzung von Wasserwegen spiegelt dies noch wider. In ihr kündigt sich aber auch an, dass ihm die Juristerei nur Mittel zum Zweck war. 1843, gerade 24 Jahre alt, legte er seinen geerbten sumpfigen Grundbesitz trocken, parzellierte ihn und ließ ihn mit der heutigen Westvorstadt bebauen. Ab 1850 kaufte er Land in Plagwitz und Lindenau, baute Straßen, Brücken und eine eigene Destillerie und siedelte dazu Industriebetriebe an. So wurde aus Dörfern mit einigen Hundert Bauern ein Industrievorort mit 30.000 Einwohnern. Daneben begann er 1856 mit dem Bau eines Kanals, der Leipzig über die Saale mit den Weltmeeren verbinden sollte und brachte 1873 mit dem ersten Industriebahnhof Europas 37 Fabriken ans Schienennetz. Seit 1870 saß er als Parteiloser im Landtag, behauptete seinen Wahlkreis sogar gegen den Sozialisten-Führer Liebknecht und sorgte in dieser Rolle für den Anschluss von Plagwitz an die Leipziger Straßenbahn.
Karl Heine

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Museum für Druckkunst

Schwarze Kunst. Das Blei aus den Setzkästen hat die Welt mehr verändert als das Blei aus den Flinten. Egal, wie viel Wahrheit in dieser launigen Behauptung steckt: Ohne den Buchdruck wären wir heute nicht, was wir sind. Trotzdem hat der Fortschritt das Wissen um die schwarze Kunst fast ausgelöscht. Das Leipziger Museum für Druckkunst ist weltweit einer der wenigen Orte, an dem sie noch gepflegt wird. Dort kann man Schriftgießern, Setzern und Buchdruckern noch bei der Handarbeit oder auch ihren Maschinen zuschauen und die Grundtechniken des Buchdrucks selbst ausprobieren. Dabei weht den Besuchern der Duft von Maschinenöl und Druckerfarbe um die Nase. Denn das Museum nutzt ein Gebäude, das seit 1928 ununterbrochen Druckerei war und es arbeitet noch täglich mit einem großen Teil seiner Technik. Dazu zählen Schmelzöfen, Gießlöffel, Bleilettern, Setzkästen, Pressen und viele Maschinen, mit denen sich das Handwerk im 19. Jh. zur Industrie entwickelte. Außerdem zeigt das Museum kunstvolle Stahlstempel, exotische Schriftschablonen, Zeichensätze für Hieroglyphen oder Runen, eine Handbuchbinderei und eine Holzstich-Werkstatt. Wechselausstellungen ergänzen das vielseitige Angebot des Museums.
Druckkunst-Museum

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Buntgarnwerke

Stadtumbau. Mit neuen Läden, Kneipen und Kulturangeboten entwickelt sich Plagwitz zunehmend zum In-Viertel. Nicht nur die Einwohner werden wieder mehr, auch die Firmen. Zu den Lokomotiven zählen die Buntgarnwerke. Der prächtige Komplex aus der Gründerzeit ist Leipzigs größtes Industriedenkmal und beherbergt seit seinem Umbau Supermärkte, Praxen, Büros und exklusive Lofts. Von einer ähnlichen Umnutzung profitierte neben der Wäschefabrik Mey & Edlich, die seit 1886 Kataloge verschickte und damit den Versandhandel begründete, auch das Stelzenhaus. Die frühere Lagerhalle für Walzbleche wurde 1939 aus Platznot fast in den Kanal gestellt und bot so das Ambiente für schickes Wohnen und Arbeiten sowie für ein stylisches Restaurant mit Bootsanleger. Neu ist dagegen das Riverboat, ein schiffsähnlicher Bau auf einer alten Eisenbahnbrücke über dem Heine-Kanal. Die Talkshow, für die der MDR das Haus 2003 bauen ließ, wird inzwischen in der Media-City produziert. Plagwitz verdankt seinen Wiederaufstieg aber auch den Selbstnutzer-Initiativen. Sie vermitteln unsanierte Häuser an Menschen, die mit Notreparaturen den Verfall stoppen und dafür mietfrei wohnen. Ganze Straßen sollen so an Studenten gefallen sein.
Die Buntgarnwerke heute

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Karl-Heine-Kanal

Wasserlust. Der Karl-Heine-Kanal stank 1989 so erbärmlich, dass der Zynismus, man könne seine Filme darin entwickeln, den Versuch wert schien. Heute ist auf dem Wasser und an seinem Ufer im Sommer wieder halb Leipzig unterwegs. Die einen rudern und paddeln (die Boote kann man ausleihen), die anderen spazieren auf dem neuen Uferweg oder fahren Rad. Und wie schon zu Karl Heines Zeiten verkehrt mit der MS Weltfrieden auch wieder ein Fahrgastschiffchen. Das startet am Stelzenhaus und passiert in 80 Minuten fast alles, was man in Plagwitz und Lindenau gesehen haben muss. Noch exotischer ist nur ein Ausflug mit den venezianischen Gondeln, die vor dem italienischen Restaurant Da Vito im Wasser liegen. Doch Bootsfahrten hatte Karl Heine nicht im Sinn, als er 1856 mit dem Kanalbau begann und mit dem Aushub Straßen baute oder Sümpfe trocken legte. Er wollte Plagwitz an die Weltmeere anschließen. Erst 1943 wurde die Idee aufgegeben. Der seitdem überfällige, nur 620 m lange Durchstich zum gefangenen Lindenauer Hafen ist bis 2012 geplant. Ob dann auch die restlichen 10 km Kanal bis zur Saale gebaut werden, ist fraglich. Die Wirtschaft braucht die Verbindung nicht mehr. Nur noch der Tourismus.
Der Kanal in Bildern

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Schaubühne Lindenfels

Gemeinnützige Aktionäre. Das späte 19. Jh. kannte noch keine Medien. Für Unterhaltung sorgten damals Etablissements wie die ab 1874 ständig erweiterte Gesellschaftshalle Lindenfels eines der größten Tanz- und Concerthäuser der Stadt. Mit den ersten Filmvorführungen 1906 kündigte sich bereits die Zukunft des Hauses als Kino an. Sein bourgeoiser Charme verschwand nach 1949 hinter volkseigenen Sprelacartplatten. Doch auch die hielten den Verfall nicht auf, so dass das Kino 1987 schloss. Die Wiedereröffnung als Schaubühne Lindenfels 1994 wurde mit Theater- und Filmvorführungen, Wolldecken und Tee gefeiert, weil es noch keine Heizung gab. Dahinter standen junge Theaterleute, die von einer eigenen Bühne träumten und die Sanierung vorantrieben. Trotz prominenter Unterstützung standen sie mehrmals vor dem Aus. Deshalb gründeten sie 2005 mit 900 Gesellschaftern eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die ihre Einlagen mit Kunst verzinst und auf jedes Ticket einen Kultur-Fuffziger für eigene Projekte erhebt. Neben Tanz, Theater, Lesungen, Kunstaktionen und Konzerten auf der Bühne zeigt das Kino historische Filme in Originalsprache und das Café Nora Roman lockt mit hausgemachten Gnocchis.
Schaubühne Lindenfels

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Da Capo

Rübesam. Rübesams Da Capo ist ein Oldtimer- Museum, das noch immer so genannt wird, obwohl es mit dem Münchner Manfred Rübesam längst nichts mehr zu tun hat. Aber der Name hat sich den Leipzigern eingeprägt. Nicht weil der Bauunternehmer Alfred Hitchcocks Buick nach Leipzig holte, sondern weil er 1997 bei einem Büroleerstand von 35 % in Plagwitz eine Wolkenkratzer- City bauen wollte. Dafür verglichen ihn die einen mit Karl Heine, andere hielten ihn für verrückt. 2000 gab er das Projekt auf. Entschlossen, nun kleinere Brötchen zu backen, eröffnete er kurz darauf sein Oldtimer-Museum. Doch auch das hatte keinen Bestand. 2002 wurde die Sammlung verkauft. Rübesam war pleite. Daraufhin organisierte das Hotel Michaelis mit privaten Leihgebern eine neue Ausstellung. Das Gebäude dafür war früher die Gießerei der Landmaschinenfabrik Rudolf Sack, die für ihre Pflüge und Eggen bekannt war. Heute ist die Halle verspiegelt und die Oldtimer aus 100 Jahren Automobilgeschichte sind nicht nur Museumstücke. Kombiniert mit stilechter Mode geben sie auch die Kulisse für Bälle und Konzerte oder einen Sonntags-Brunch ab. Zu verfehlen ist das Da Capo nicht. Auf seinem Dach steht als Luft-Oldtimer eine IL18.
Da Capo

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.
Spinnerei

Kreative Spinner. Viele hunderttausend Spindeln drehten sich um 1900 in der Baumwollspinnerei. Damals war sie eine der größten in Europa und bezog ihren Rohstoff von eigenen Plantagen in Deutsch-Ostafrika. Aber die Spindeln surrten auch ohne Kolonien weiter bis nach der Wende. Kurz darauf zogen die ersten Künstler in die verlassene, sechs Hektar große Fabrikstadt. Dazu gehörte Neo Rauch, der als erster Vertreter der Leipziger Schule auch international Furore machte. Nach Angaben der Spinnerei- Verwaltung leben inzwischen über 100 Künstler hier. Doch die sieht man nicht. Sie wollen in Ruhe arbeiten und nicht erkannt werden. Kunst erleben kann man trotzdem, denn hier stellen auch ein Dutzend Galerien aus. Die 20 Backsteinhäuser sind solide gebaut. Sie wurden deshalb eher konserviert als saniert. Das hielt die Mieten niedrig und überzeugte auch rund 100 kleine Kreativ- und Dienstleistungsfirmen, sich hier niederzulassen. Alle zwei Jahre lädt die Spinnerei zum öffentlichen Rundgang ein. Dann wird der sonst eher beschauliche Ort zum Rummelplatz. Viele Gäste sprechen englisch Kunst aus Leipzig ist auch in London und Paris gefragt und hier gewinnen die Galeristen einen schnellen Überblick.
Spinnerei

Hinweis: Digitalisierte Illustration mit qualitativen Verlusten. Rückseiten vergrößert.